Der Frankfurter katholische Theologe und Sozalethiker Bernhard Emunds kritisiert einen Großteil der Wahlkampfaussagen zum Thema Bürgergeld.
Fälschlicherweise werde immer wieder der Eindruck erweckt, die soziale Absicherung von Arbeitslosen gleiche hierzulande einer Hängematte, in der es sich zahllose arbeitsscheue Leistungsempfänger bequem gemacht hätten, schreibt er einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de (Freitag).

Bei ihrem TV-Duell am Sonntag zum Beispiel hätten Kanzler Olaf Scholz und Herausforderer Friedrich Merz minutenlang in einen "regelrechten Überbietungswettbewerb" diskutiert, "wer denn nach der Wahl die arbeitsunwilligen Arbeitslosen am härtesten sanktionieren würde". Aus christlich-sozialethischer Sicht sei es aber sehr problematisch, "wenn Parteien Ressentiments gegen Arbeitslose schüren oder sie zumindest für ihren Wahlkampf zu nutzen suchen".
Gegen voreilige Schlüsse
Dabei, so Emunds weiter, sei vor allem der Name der Grundsicherung geändert worden und weniger die Inhalte. Lediglich zwei der Reformschritte seien etwas substanzieller: Zum einen gehe es nicht mehr um eine möglichst schnelle Vermittlung in irgendeinen Job, sondern um die Vermittlung in eine dauerhafte Arbeitsstelle. Das führe oft zu längeren Phasen der Qualifizierung. Zum anderen gebe es in den ersten sechs Monaten des Bürgergeldbezugs keine Sanktionen.
Das solle helfen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, um die Chancen auf eine dauerhafte Integration in Erwerbsarbeit zu verbessern.
Ob diese Ziele erreicht werden, müsse eine sozialwissenschaftliche Studie zeigen, die aber erst 2026 fertig werde, ergänzte der Theologe: "Für die Weiterentwicklung von Arbeitsmarktregeln braucht es eine solche solide empirische Grundlage - auch wenn es Parteien in Wahlkampfzeiten schwerfällt, dies zu akzeptieren."
Arbeitslose nicht diskreditieren
Natürlich sei es auch aus sozialethischer Sicht nicht illegitim, dass der Staat bei massiven Versäumnissen von Leistungsempfängern Sanktionen verhänge. Auch sei es richtig und wichtig, dass in Vollzeit erwerbstätige Menschen über mehr Einkommen verfügen sollten als Arbeitslose in der Grundsicherung.
Dies sei aber meistens der Fall, so Emunds weiter. Und "für die Behauptung, die meisten Arbeitslosen seien arbeitsunwillig, gibt es keinen belastbaren empirischen Beleg. Wer ankündigt, die Grundsicherung für Arbeitslose so umzukrempeln, dass sie in Zukunft 'nicht mehr' als Hängematte missbraucht werden könne, beteiligt sich daran, dass Arbeitslose öffentlich diskreditiert werden. Entsprechende Wahlkampfstrategien sind ethisch problematisch."