Spaniens Regierung entschädigt kirchliche Missbrauchsopfer

Zieht die Kirche mit?

Bei der Entschädigung von Missbrauchsopfern ziehen Spaniens Regierung und die Bischöfe in unterschiedliche Richtungen. Nun gehen die regierenden Sozialisten nach vorn und hoffen, dass die Kirchenleitung folgt.

Kathedrale Almudena in Madrid / © Catarina Belova (shutterstock)
Kathedrale Almudena in Madrid / © Catarina Belova ( shutterstock )
Papst Franziskus übergibt das Pallium an Luis Javier Argüello Garcia, Erzbischof von Valladolid (Spanien). / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus übergibt das Pallium an Luis Javier Argüello Garcia, Erzbischof von Valladolid (Spanien). / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Die spanische Regierung will Betroffene sexuellen Missbrauchs durch Geistliche oder im kirchlichen Umfeld entschädigen - mit oder ohne Unterstützung der katholischen Kirche. Das beschloss der Ministerrat am Dienstag. Wie verschiedene spanische Medien weiter berichten, soll vor allem Opfern geholfen werden, deren Fälle strafrechtlich verjährt sind.

Kommt die Kirche mit ins Boot?

Der sozialistische Justizminister Felix Bolanos hofft demnach, die Kirche noch zu einer Beteiligung am staatlichen Entschädigungsfonds bewegen zu können. Bisher hat die Bischofskonferenz aber noch keine Entscheidung getroffen. Deren neuer Vorsitzender, Erzbischof Luis Argüello, machte eine Beteiligung vor allem davon abhängig, ob neben den kirchlichen alle Opfer sexualisierter Gewalt in den Entschädigungsplan einbezogen werden. 

Aufgrund der als teils unzureichend kritisierten Reaktionen der katholischen Kirche sowie einer jahrelangen "Leugnung und Verharmlosung des Problems" wolle sich die Regierung aber speziell um die Entschädigung minderjähriger Missbrauchsbetroffener im kirchlichen Bereich kümmern, hieß es. Das lehnt Spaniens Bischofskonferenz ab.

Summe von 70 Millionen Euro steht im Raum

Justizminister Bolanos geht von bis zu 440.000 Opfern aus, denen insgesamt bis zu 70 Millionen Euro zustehen könnten. Die Zahl basiert auf dem Bericht einer vom Parlament beauftragten Kommission vom Oktober. Die katholische Kirche führte eine eigene, interne Studie durch, die für die vergangenen 40 Jahre 1.057 minderjährige Betroffene sexueller Übergriffe im kirchlichen Umfeld verzeichnet.

Pedro Sanchez / © Bernat Armangue (dpa)
Pedro Sanchez / © Bernat Armangue ( dpa )

Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Pedro Sanchez plant unterdessen auch einen politischen Akt, bei dem die damals minderjährigen Opfer sexueller Gewalt im kirchlichen Bereich öffentlich anerkannt und um Entschuldigung gebeten werden.

Spaniens Parlament stimmt für Kommission zu Missbrauch

Spanien hat Anfang Februar 2022 den Weg für die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zum sexuellen
Missbrauch in der katholischen Kirche freigemacht. Ein entsprechender Antrag der drei linken Parteien Podemos, ERC und EH Bildu wurde mit breiter Mehrheit angenommen. Lediglich die konservative PP und die rechtspopulistische Vox-Partei stimmten dagegen.
Hintergrund der Initiative ist die Aussage der Spanischen Bischofskonferenz, anders als in Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern keine unabhängige Kommission mit der Untersuchung betrauen zu wollen.

Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, spricht im Parlament / © E. Parra./Pool (dpa)
Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, spricht im Parlament / © E. Parra./Pool ( dpa )
Quelle:
KNA