Mehr als Zweidrittel (70 Prozent) der insgesamt 161 Staaten hätten die Ausgaben für Bildung reduziert, die Hälfte habe die Sozialausgaben gekürzt und 50 Prozent der Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommensniveau hätten weniger für den Gesundheitssektor ausgegeben. Eine Ausnahme bilde Deutschland. Die Bundesrepublik belegt den zweiten Platz im Index "Commitment to Reducing Inequality" (CRI), den Oxfam am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.
Der CRI-Index 2022 analysiere als erste Veröffentlichung die Maßnahmen zur Bekämpfung der Ungleichheit in den ersten zwei Jahren der Pandemie detailliert, heißt es in dem Bericht. Untersucht wurden Sozialausgaben, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik von 161 Regierungen im Zeitraum 2020 bis 2022.
Wohlhabende OECD-Staaten
Den ersten Platz belegt Norwegen, hinter Deutschland kommt Australien auf Platz drei. In die Top-10 schaffen es außerdem Belgien, Kanada, Japan, Dänemark, Neuseeland, Slowenien und Finnland. Alle diese Länder sind wohlhabende OECD-Staaten. Ein Grund dafür sei, dass wohlhabendere Länder mehr Spielraum bei der Erhebung von Steuern hätten, weil es mehr Bürger und Unternehmen mit höheren Einkommen gebe, erklärten die Autoren.
Die Pandemie habe zu großen Verlusten bei den Steuereinnahmen geführt und gleichzeitig zu einem enormen Anstieg des Reichtums der vermögendsten Menschen und Unternehmen. 95 Prozent aller Länder hätten dennoch die Steuern für Wohlhabende und Konzerne eingefroren oder gesenkt. Zwei Drittel der Länder hätten es versäumt, die Mindestlöhne in Einklang mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) anzuheben, heißt es in dem Bericht weiter.
Doch auch ärmere Staaten hätten politischen Spielraum: So erhöhte Nepal laut dem Index die Gesundheitsausgaben zwischen 2019 und 2021 um mehr als die Hälfte. Barbados verabschiedete ein umfassendes Gesetzespaket zur Verbesserung der Rechte von Frauen und die Malediven führten erstmals einen landesweiten Mindestlohn ein.