Die insgesamt 42 Fälle seien von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl stark anonymisiert übermittelt worde, hieß es auf Anfrage in München. Soweit sich auf dieser Basis Verdachtsmomente hinsichtlich eines möglichen strafrechtlich relevanten Verhaltens ergäben, werde man für ein Vorprüfungsverfahren entsprechende Unterlagen anfordern oder an die zuständigen Staatsanwaltschaften abgeben. "Welche strafrechtlichen Normen verletzt wurden, ist noch Gegenstand der Prüfung."
Scharfe Kritik an Benedikt auch von Theologe Zulehner
Derweil reißt die Kritik am emeritierten Papst Benedikt und seine Rolle als früherer Erzbischof von München-Freising nicht ab. Als "blanken Unsinn" hat der emeritierte Wiener Theologe Paul Michael Zulehner die Einschätzung von Joseph Ratzinger bezeichnet, die Entblößung des Geschlechtsteils vor minderjährigen Mädchen sei kein Missbrauch im eigentlichen Sinn, weil er die Kinder nicht berührt habe. Im ORF sagte Zulehner am Donnerstagabend, solche Unterscheidungen würden den Taten nicht gerecht, die "moralisch schwerwiegend und kriminell" seien.
Seine im Missbrauchsgutachten wiedergegebene Einschätzung hätte der frühere Münchner Erzbischof und spätere Papst Benedikt XVI. nie abgeben dürfen. Insgesamt sprach Zulehner mit Blick auf das Münchner Missbrauchsgutachten von einem "Dokument der Versäumnisse und Verspätungen".
Die Zeit des Schutzes der Institution sei endgültig vorbei; unter Papst Franziskus habe die Kirche gelernt, dass den Opfern Gerechtigkeit widerfahren müsse, so Zulehner. Neben Entschuldigungen, die oft zu schnell kämen, müsse sexueller Missbrauch weitere Konsequenzen haben. Als Beispiele nannte er etwa die Zahlungen an die Opfer und mehr Einsatz für Vorbeugung. Zulehner unterstrich weiter, es gehe um weltkirchliche und nicht um regionale Fragestellungen. Hohe Dunkelziffern bei Missbrauch gebe es in jedem Land.