Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die vor 500 Jahren in Memmingen veröffentlichten "Zwölf Artikel" als "herausragendes und bleibendes Zeugnis unserer Freiheitsgeschichte" gewürdigt. Die Erinnerung daran sei "in dieser unruhigen Zeit wichtiger denn je", sagte er am Samstag beim Festakt zur Eröffnung des Gedenkjahrs "500 Jahre Zwölf Artikel" in der evangelischen Martinskirche.
Die Welt erlebe gerade, dass die freiheitliche Demokratie von innen wie von außen bedroht werde, fügte er hinzu - "mit einer Wucht, die viele von uns nicht für möglich gehalten hatten. Und wir erleben zugleich, dass sich ausgerechnet diejenigen auf historische Freiheitsbewegungen berufen, die gegen demokratische Institutionen hetzen und Freiheit nur für sich selbst oder für ihre Gruppe gelten lassen wollen."
Eine der ersten Forderungen nach Menschenrechten
Das Gedenkjahr "500 Jahre Zwölf Artikel" erinnert an die Geschichte des Bauernaufstands von 1525. Die damals in Memmingen entstandenen "Zwölf Artikel" gelten als eine der ersten dokumentierten Forderungen nach Menschenrechten. Damit pochten vor allem Bauern auf Freiheiten von der Obrigkeit.

Der Bundespräsident betonte, ins Heute übersetzt bedeute dies unter anderem: "Die Herrschenden sollten daran gemessen werden, ob sie ihr Handeln am Gemeinwohl und an den Menschenrechten orientieren." Ein "Wir zuerst" ohne Rücksicht auf andere entspreche nicht der Freiheit, die das Grundgesetz meine: "In unserer Gesellschaft ist die Freiheit des Einzelnen untrennbar mit der Verantwortung für andere und für das Gemeinwesen verknüpft. Und in unserer Demokratie ist die Freiheit der Mehrheit untrennbar an die Verantwortung gebunden, die Würde jedes Einzelnen und die Rechte der Minderheit zu achten und zu schützen."
Keine Freiheit auf Kosten anderer
Steinmeier fragte in seiner Rede weiter: "Wo endet unsere Freiheit, wenn ihr Gebrauch die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört? Dürfen wir unsere Freiheit auf Kosten von Menschen in den Ländern des Südens ausleben? Oder auf Kosten zukünftiger Generationen? Und, nicht zuletzt: Wie schützen wir uns und unsere Freiheit - vor denen, die sie , auch ohne Militär, von außen bedrohen, vor den Trollen ebenso wie vor der Kommunikationsmacht der Tech-Giganten?"
Zum Gedenkjahr sind in Memmingen zahlreiche Veranstaltungen geplant. So ist vom Montag an bis zum 19. Oktober die Bayernausstellung des Hauses der Bayerischen Geschichte "Projekt Freiheit - Memmingen 1525" zu sehen. Zudem verleiht die Stadt wieder ihren Freiheitspreis. Die mit 25.000 Euro dotierte Ehrung soll am 3. Oktober der frühere Freiburger Fußballtrainer Christian Streich erhalten für sein Eintreten gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung.