Studie untersucht Missbrauch bei deutschen Franziskanern

Viele Fälle in Nordrhein-Westfalen

Die Franziskaner sind einer der ersten großen Orden in Deutschland, die eine eigene Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben haben. Aufgrund einer hohen Dunkelziffer suchen die Wissenschaftler noch mehr Betroffene für Interviews.

Symbolbild Franziskaner in Sandalen / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Franziskaner in Sandalen / © Harald Oppitz ( KNA )

In der wissenschaftlichen Aufarbeitung von Missbrauch im deutschen Franziskanerorden gibt es erste Ergebnisse. Die bisher bekannten Taten hätten vor allem in den 1950er bis 1970er Jahren stattgefunden, teilte das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) am Montag in München mit. 

Franziskanerbruder – Hände vor dem Habit gefaltet, am Gürtel hängt ein Rosenkranz mit einem Holzkreuz / © Harald Oppitz (KNA)
Franziskanerbruder – Hände vor dem Habit gefaltet, am Gürtel hängt ein Rosenkranz mit einem Holzkreuz / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Tatorte lägen vor allem in Nordrhein-Westfalen. Als "Hotspots" werden Vossenack und Großkrotzenburg genannt. Die Betroffenen seien großteils männlich und zum Zeitpunkt der ersten Tat zwischen 10 und 14 Jahre alt gewesen.

Für die Studie würden weitere Interviewpartner gesucht, hieß es. "Wir haben die Vermutung, dass es einige Betroffene gibt, die sich nicht gern bei der Täterorganisation melden", sagte der Sozialpsychologe Heiner Keupp der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Betroffene und Zeitzeugen gesucht

Als der Orden die Untersuchung Ende Januar in München publik machte, hieß es, bei ihm seien seit 2010 etwas mehr als 40 Meldungen eingegangen. Keupp sagte dazu, auch von diesen habe erst ein Teil Kontakt mit dem IPP aufgenommen. 

So seien bisher ein Dutzend Interviews zustande gekommen. Außer Betroffenen wurden Zeitzeugen aus dem Umfeld des Ordens gebeten, sich bei den Forschern zu melden.

Der Wissenschaftler sagte, manche Strukturen erschwerten die Aufarbeitung von Missbrauch in dem Orden. So seien die Franziskaner viel mobiler als Benediktiner, die sich zeitlebens einem bestimmten Kloster anschlössen. 

Dazu komme, dass die Franziskaner wegen Nachwuchsmangels inzwischen etliche Niederlassungen aufgegeben hätten. Derzeit ist der in Deutschland noch etwas mehr als 200 Mitglieder zählende Orden noch an 25 Orten zwischen Füssen, Halle und Hamburg präsent.

Abschluss bis Ende 2025

Keupp attestierte den Franziskanern zugleich eine hohe Mitwirkungsbereitschaft. Dies gelte auch für die Leitungsebene des Ordens. Die Studie soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein.

Das IPP hat zu dem Thema schon mehrere Forschungsprojekte für Institutionen durchgeführt, etwa für das Benediktinerinternat Ettal oder die Odenwaldschule. Zuletzt war es an der Forum-Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland beteiligt.

Franziskaner geben Missbrauchsstudie in Auftrag

Die Deutsche Franziskanerprovinz hat das Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) mit einer Missbrauchsstudie beauftragt. Das gab die Ordensleitung am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in München bekannt. Die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Untersuchung sollen Ende 2025 vorliegen und veröffentlicht werden.

Es gehe vor allem darum, den Betroffenen zuzuhören, was sie erlitten hätten, und zu verstehen, wie es dazu habe kommen können, erläuterte der Leiter der Deutschen Franziskanerprovinz, Bruder Markus Fuhrmann.

Franziskaner geben Missbrauchsstudie in Auftrag (Franziskaner)
Franziskaner geben Missbrauchsstudie in Auftrag / ( Franziskaner )
Quelle:
KNA