Studie untersucht vor Bundestagswahl Populismus in Deutschland

Keine Stunde der Populisten

Der Populismus ist in aller Munde. Aber wie populistisch ist Deutschland wirklich? Gerade vor der Bundestagswahl im September stellt sich diese Frage häufiger. Eine Langzeitstudie der Bertelsmann Stiftung bietet Antworten.

Autor/in:
Dana Kim Hansen
Pegida-Anhänger demonstrieren auf dem Theaterplatz in Dresden, 2016 / © Oliver Killig (dpa)
Pegida-Anhänger demonstrieren auf dem Theaterplatz in Dresden, 2016 / © Oliver Killig ( dpa )

Vor den Wahlen in Österreich, den Niederlanden und Frankreich war die Sorge über einen sogenannten Rechtsruck groß. Im September wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Die Studie "Die Stunde der Populisten?" der Bertelsmann Stiftung hat deshalb über drei Jahre hinweg die populistischen Einstellungen von Wählern und Nichtwählern untersucht.

Am Dienstag wurden die Ergebnisse vorgestellt. Als "populistisch" gilt dabei, wer sich auf Grundlage eines Fragebogens vollständig zu acht verschiedenen antipluralistischen und anti-Establishment-Aussagen sowie für einen vermeintlich bestehenden einheitlichen Volkswillen ausgesprochen hat. Die Erhebung gibt diesbezüglich Entwarnung, denn populistische Tendenzen sind bei den deutschen Wählern nicht mehrheitsfähig.

Populismus in Zahlen

Zwar sei rund ein Drittel (30 Prozent) populistische eingestellt. Doch die Mehrheit lehne solche Positionen entweder ganz ab (36,9 Prozent) oder stimmen ihnen nur teilweise zu (33,9 Prozent). Auch in der Ausprägung der vertretenen Meinungen zeige sich ein eher moderates Bild. Populisten seien enttäuschte Demokraten, aber keine Feinde der Demokratie, so die Studie.

So zeige sich eine sehr hohe Unterstützung für die Demokratie. Mehr als 92 Prozent der unpopulistisch und 85 Prozent der populistisch eingestellten Wahlberechtigten bezeichnen die Demokratie als das beste politische System. Auch beim Thema Europäische Union sei eine ähnliche Tendenz zu beobachten. Populisten sehen mit großer Mehrheit die EU-Mitgliedschaft als eine gute Sache an, so die Ergebnisse der Studie.

Die Institutionen von Demokratie und EU werden demnach nicht grundsätzlich abgelehnt. Es werde aber ihre Funktionsweise kritisiert. Jedoch kritisieren über drei Viertel (79 Prozent) von ihnen, dass die EU-Integration zu weit gegangen sei, und eine knappe Mehrheit (52 Prozent) ist mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland "eher nicht" oder "überhaupt nicht" zufrieden.

Links-Rechts-Spektrum

Die Erhebung hat zudem herausgefunden, dass Menschen mit populistischen Einstellungen entlang des gesamten ideologischen Links-Rechts-Spektrums zu finden sind. Die meisten populistischen Wahlberechtigten verorteten sich selbst in der politischen Mitte. Statistisch gesehen lasse sich aber eine überproportionale Häufung populistischer Einstellungen bei Menschen mit politisch-ideologischer Rechtsorientierung feststellen.

Auch über die Faktoren, von denen eine populistische Einstellung abhängt, gibt die Erhebung Auskunft. Dabei haben vor allem Bildungsstand und Einkommen Einfluss auf etwaige populistische Meinungen. Alter und Geschlecht spielen hingegen kaum eine Rolle.

So sind Wahlberechtigte mit einem niedrigen Bildungsabschluss häufiger populistisch eingestellt (38,1 Prozent) als solche mit Abitur oder einem Hochschulabschluss (14,2 Prozent). Gleiches gilt für das Einkommen: Auch dort nimmt der Anteil populistisch eingestellter Menschen mit steigendem Einkommen deutlich ab.

Populisten in Parteien

"Von einer Stunde der Populisten ist das politische Klima vor der Bundestagswahl weit entfernt", fasst der Demokratieexperte der Stiftung, Robert Vehrkamp, zusammen. Dennoch haben Themen wie "Europa", "Umverteilung" oder "Flüchtlinge" derzeit den stärksten Einfluss auf Wahlentscheidungen. Hingegen fallen Themen wie "Umweltschutz" oder "Wirtschaftswachstum" nicht ins Gewicht.

Unterschiede zeigen sich aber bei der Parteizugehörigkeit. Wähler von CDU/CSU, SPD, Grünen, Linken und FDP seien zwar gegen die Aufnahme "sehr vieler" Flüchtlinge. Allerdings würde die Forderung nach einer weiteren Beschränkung der Zuwanderung nicht zu mehr Sympathien bei den Wählern führen.

CDU vs. AfD

Anders sieht das bei den AfD-Wählern aus. "Das Mobilisierungsprofil der stark populistisch eingestellten AfD-Wähler ist so einseitig fokussiert wie bei keiner anderen Partei", erläutert Vehrkamp. Mit Positionen, die sich klar zur Abschiebung von "sehr vielen Flüchtlingen" bekennen, ließe sich die Zustimmung bei AfD-Wählern deutlich steigern (plus 51 Prozentpunkte).

Zudem wurde der Zusammenhang zwischen populistischer Einstellung und Parteipräferenzen untersucht. Demnach hat die CDU die unpopulistischsten Wähler. Die meiste Zustimmung vonseiten der Populisten erhält die AfD. Ihre Wählerschaft ist mit Abstand am stärksten populistisch eingestellt. Die AfD könne demnach ganz klar als rechtspopulistische Partei eingestuft werden.


Quelle:
KNA , epd