Synodaler Ausschuss legt kirchliche Konfliktlinien offen

Angriff von drei Seiten

In Mainz soll der Synodale Ausschuss ab Freitag seine inhaltliche Arbeit aufnehmen, doch bereits vorab ist das Gremium angeschlagen. Die Beratungen in Mainz werden genau beobachtet: Von den Laien, kritischen Bischöfen und dem Vatikan.

Autor/in:
Renardo Schlegelmilch
Synodaler Weg (Symbolbild) / © Andreas Oertzen (KNA)
Synodaler Weg (Symbolbild) / © Andreas Oertzen ( KNA )

Dass das Ringen um Reformen in der katholischen Kirche nicht ohne Spannungen ablaufen würde, war von Anfang an klar. Schon bei der Vollversammlung der Deutschen Bischöfe im Frühjahr 2019 in Lingen gab es große Diskussionen, als beschlossen wurde, gemeinsam mit dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) einen "Synodalen Weg" einzuschlagen. Erklärtes Ziel war es die Ursachen für sexualisierte Gewalt in der Kirche zu bekämpfen. Was kann und darf ein solches Gremium auf diesem Weg aber an der Kirche verändern und wie verbindlich sind seine Beschlüsse? Diese Diskussion ist in den letzten fünf Jahren zur Gretchenfrage der deutschen Kirche geworden. 

Die synodale Vorgeschichte

Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner (SW)
Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner ( SW )

Die fünf Vollversammlungen des Synodalen Weges mit über 200 Delegierten (Bischöfe und Laien) sind im März 2023 zu Ende gegangen. Allerdings wurden längst nicht über alle jahrelang ausgearbeiteten Reformideen und Texte debattiert oder abgestimmt. Dies soll nun fortgeführt werden in einem kleineren, dauerhaften Gremium, dem "Synodalen Rat", der frühestens 2026 seine Arbeit beginnen soll. Um diesen Rat zu etablieren wurde ein "Synodaler Ausschuss" als Projekt gegründet. Im November 2023 hat der sich erstmals konstituierend in Essen getroffen, bevor diese Woche nun in Mainz die inhaltliche Arbeit beginnen soll.

Selbst international wird gerade sehr genau auf Deutschland und das anstehende Treffen geblickt. Wenn am Freitag und Samstag reformwillige Laien und Bischöfe die deutsche Kirche für die Zukunft fit machen wollen, werden sie sich dabei von drei Seiten verteidigen müssen.

Konflikt eins: der Vatikan

Vor allem der Heilige Stuhl äußert seit Jahren deutliche bis sehr deutliche Kritik an der Reformarbeit der Kirche in Deutschland. Im Januar 2023 haben die Kardinäle Parolin und Fernandez sogar in einem offiziellen Schreiben die Deutsche Bischofskonferenz aufgefordert, das Projekt des Synodalen Ausschusses einzustellen. Die deutsche Kirche sei "nicht befugt", ein solches Entscheidungsgremium zu schaffen. Die Abstimmung über die Statuten des Gremiums wurden daraufhin kurzfristig von der Tagesordnung der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe gestrichen. 

Delegation von deutschen Bischöfen und Vertretern des Heiligen Stuhls bei einem Gruppenbild nach den Gesprächen zum Synodalen / © Matthias Kopp/Deutsche Bischofskonferenz (KNA)
Delegation von deutschen Bischöfen und Vertretern des Heiligen Stuhls bei einem Gruppenbild nach den Gesprächen zum Synodalen / © Matthias Kopp/Deutsche Bischofskonferenz ( KNA )

Im März 2024 sind die führenden Köpfe der DBK zum klärenden Gespräch nach Rom gereist und haben einen ersten Kompromiss mit den Verantwortlichen im Vatikan ausgehandelt. Man habe "Differenzen und Übereinstimmungen“ festgestellt. Der Synodale Ausschuss könne seine Arbeit vorerst weiterführen, soll aber alle weiteren Reformschritte "dem Heiligen Stuhl zur Approbation“ vorlegen, wie es im gemeinsamen Statement heißt. Man habe einen "regelmäßigen Austausch zwischen den Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz und dem Heiligen Stuhl (…) vereinbart". 

Wenn diese Aufforderung vom Synodalen Ausschuss ernst genommen wird, müsste spätestens für die Einrichtung des dauerhaften Synodalen Rates das OK aus Rom eingeholt werden. Ob das gegeben würde, ist mehr als fraglich, da die Kritik aus Rom sich explizit auf die Implementierung eines solchen Gremiums mit geteilter Leitungsverantwortung von Laien und Bischöfen bezieht, das nach Ansicht des Vatikans geltendes Kirchenrecht brechen würde. Am Ende jedes Beratungsprozesses habe in der katholischen Kirche immer die Entscheidungsautorität des Bischofs zu stehen. 

Hat der Synodale Weg mit seinen Abstimmungen also Entscheidungsgewalt oder sind die Beschlüsse nur Empfehlungen und am Ende muss doch der einzelne Bischof entscheiden? Die Frage der Verbindlichkeit öffnet die zweite Konfliktlinie des Projekts, diesmal intern: Zwischen den Bischöfen und den Laien.

Konflikt zwei: die Laien

Blick auf die Teilnehmer der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), davor das Logo des ZdK, am 28. Mai 2024 in Erfurt. / © Harald Oppitz (KNA)
Blick auf die Teilnehmer der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), davor das Logo des ZdK, am 28. Mai 2024 in Erfurt. / © Harald Oppitz ( KNA )

Erst Ende Mai, bei der Vollversammlung des ZdK vor dem Katholikentag in Erfurt, gab es gehörigen Unmut über die Deutsche Bischofskonferenz, deren Verhalten von den Laienvertretern als "verstörend und intransparent" bezeichnet wurde. In der Debatte wurde den Bischöfen vorgeworfen, das Vertrauensverhältnis für eine konstruktive Zusammenarbeit empfindlich gestört zu haben. Hintergrund ist eine Personalentscheidung, die eigentlich gar nichts mit dem Synodalen Ausschuss zu tun hat: Der Einspruch der Bischöfe bei der Berufung der designierten Bundeskuratin der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG). 

Dieser Schritt gab für das Laiengremium den Anlass, die Überzeugungen der Bischöfe in Sachen Demokratie und Synodalität in Frage zu stellen. Für das anstehende Treffen in Mainz fordern die Laien nun eine offene Aussprache über den Reformwillen der Bischöfe. Man sucht Klarheit, wie die Bischöfe die Verbindlichkeit von Beschlüssen des Synodalen Wegs in ihren Bistümern umsetzen und wie sie die Ernsthaftigkeit zukünftiger Beratungen sicherstellen wollen. Ebenso soll dabei diskutiert werden, wie mit zukünftigen Einsprüchen aus Rom umgegangen werden soll. 

Mit 80 Prozent Zustimmung hat sich das ZdK bei seiner Vollversammlung für diesen Schritt entschieden, der im Beschluss wörtlich heißt: "Das ZdK behält sich vor, im Licht der Antworten der Bischöfe und der anschließenden Beratungen im Synodalen Ausschuss über die weitere Zusammenarbeit zu beschließen."

Das ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Laien die Zukunft der Zusammenarbeit mit den Bischöfen in Frage gestellt haben. Bereits nach dem Scheitern eines Grundtextes zum Thema Sexualität bei der vierten Synodalversammlung hat die Führung des Laiengremiums an der Ernsthaftigkeit des bischöflichen Reformwillens gezweifelt und offen über ein Aussetzen des Prozesses diskutiert. 

Konflikt drei: die Bischöfe

Bischof Rudolf Voderholzer während der vierten Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Rudolf Voderholzer während der vierten Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Ob aber nun die Zustimmung der Laien vorliegt oder nicht, vom einem hundertprozentigen Reformwillen der Bischöfe kann auf keinen Fall die Rede sein, da bereits im Vorhinein vier konservative Bischöfe (Woelki, Voderholzer, Oster und Hanke) ihre Mitarbeit beim Synodalen Ausschuss mit Verweis auf die Kritik aus Rom verneint haben. "In römischen Einsprüchen zum Synodalen Weg in Deutschland war bislang immer wieder deutlich geworden, dass ein 'Synodaler Rat', wie er im Beschluss des Synodalen Weges vorgesehen und formuliert worden war, nicht mit der sakramentalen Verfassung der Kirche vereinbar sei", erklärten die vier Bischöfe im Frühjahr. Obwohl dieser Einspruch vor dem aktuellen Konsens der DBK und der Kurienchefs formuliert wurde, und der Einspruch Roms damit quasi "auf Eis" liegt, ist mit einer Mitarbeit der vier kritischen Bischöfe auch in Mainz nicht zu rechnen, was wiederum neue Fragen zur Beschlussfähigkeit und Legitimität der Mehrheiten des Synodalen Ausschusses aufwirft. 

Die Arbeit des Synodalen Ausschusses wird also im Moment von drei Fronten angegriffen, bzw. in Frage gestellt: Der Vatikan hat explizit mit den deutschen Bischöfen vereinbart, dass jeder weitere Schritt in Richtung Reform von Rom abgesegnet werden soll. Die Laien machen mit Mehrheitsbeschluss ihre Mitarbeit im Gremium von der Verbindlichkeit des Reformwillens der Bischöfe abhängig. Und durch den Boykott von vier Ortsbischöfen ist auch die Legitimität der bischöflichen Beschlüsse in Frage gestellt. Es könnte turbulent zugehen, wenn am Freitag in Mainz hinter verschlossenen Türen getagt wird. 

Synodaler Ausschuss

Der Synodale Ausschuss ist ein Ergebnis des Synodalen Wegs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll die Einrichtung eines Synodalen Rates vorbereiten. In diesem neuen Gremium wollen Bischöfe und katholische Laien ihre Beratungen über mögliche Reformen in der Kirche fortsetzen, die sie bei dem 2019 gestarteten Synodalen Weg begonnen haben.

Symbolbild Abstimmung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Abstimmung / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR