DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat ein ökumenisches Happening für Ende September angekündigt. Am 30. September soll am Vorabend der Eröffnung der Weltsynode zum Beispiel eine Gebetsvigil auf dem Petersplatz gefeiert werden. Wie ist es dazu gekommen?
Frère Richard (Bruder der Ordensgemeinschaft von Taizé): Im Jahr 2021 war die Voreröffnung der Synode. Papst Franziskus hatte auch Frère Alois aus Taizé eingeladen, ein paar Worte zu sagen. Er wollte vor allem zwei Dinge mit den Bischöfen und den anderen, die dabei waren, teilen.
Erstens ist es folgender Aspekt. Wenn wir über theologische Themen, über Fragen der Kirche ins Gespräch kommen, dann ist es ganz natürlich, dass auch gegensätzliche Meinungen und Ansichten zu Tage treten.
Dann stellt sich die Frage, wie wir zusammengehören, auch wenn wir verschieden denken und von verschiedenen Seiten herkommen.
Eine Erfahrung in Taizé ist, dass ganz unterschiedliche Menschen tiefe Gemeinschaft im gemeinsamen Beten, Singen, Hören und Schweigen erleben.
Der Papst hat dann gesagt, dass es doch gut wäre, auf diesem Weg inne zu halten, sich Christus gemeinsam im Singen und Beten zuzuwenden.
Zudem hat er gesagt, dass heute keine Kirche ihre Fragen allein lösen oder nicht mal wirklich gut angehen kann. Er hat betont, dass es wichtig ist, dass wir einander auf der Suche nach dem zukünftigen Gesicht der Kirche beistehen und dass wir unsere Bedürftigkeit auch eingestehen und auch die anderen um das Gebet für uns sowie um ihr Mitdenken und Mitgehen bitten.
Daher rührt dieser Vorschlag. Wäre es nicht möglich, eine Versammlung des Volkes Gottes in Form eines Gebets, einer Vigil zu gestalten?
DOMRADIO.DE: Inwiefern setzt Papst Franziskus damit auch ein Zeichen für die Einheit aller Christen?
Fr. Richard: Papst Franziskus hat am 15. Januar offiziell angekündigt, dass dieser 30. September ein Tag der Versöhnung des Volkes Gottes sein wird. Das war vor der Gebetswoche für die Einheit der Christen. Er hat gesagt, dass die Einheit der Christen und der Weg der synodalen Umkehr der Kirche zutiefst zusammenhängen.
Ich glaube, dass es diese Haltung ist, die wir innerhalb einer Kirche brauchen, um aufeinander zu hören und die wir auch brauchen, um Christen anderer Kirchen zu hören und zu verstehen.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet es Ihren Glaubensbrüdern, diese Möglichkeit zu haben, sich beim Abschluss der Weltsynode einzubringen?
Fr. Richard: Wir haben uns sehr gefreut, dass dieser Vorschlag auf offene Ohren gestoßen ist. Ich erzählte, dass der Papst bei einer Audienz gesagt hat, dass ihm diese Idee gefällt.
Für uns ist es auch ganz wichtig, dass wir das mit vorbereiten. Die Vorbereitungstreffen im Juli und im November waren hier schon von Interesse, im März wird das nächste in Rom stattfinden. Da ist es uns ganz wichtig, dass verschiedene geistliche Bewegungen, katholische, evangelische und auch orthodoxe Kirchen und kirchliche Organisationen das zusammen machen können.
Denn es ist uns auch bewusst, dass Taize nur etwas anstoßen kann, aber nicht fähig ist, da etwas allein zu bewegen. Das ist ja genau das Thema der Synodalität.
DOMRADIO.DE: Können Sie denn schon verraten, wie das Programm aussieht?
Fr. Richard: Das kommt darauf an, wie alt man ist. Die 18- bis 35-jährigen sind eingeladen, schon am 29. September nach Rom zu kommen und dann Gäste in Städten, Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften zu sein. Am Samstagmorgen werden sie die Möglichkeit haben, Menschen am Rand, wie Obdachlosen, Geflüchteten oder Menschen in prekären Situationen zu begegnen. Dann wird es ein Mittagessen und viele Begegnungen in den verschiedenen Kirchen geben.
Es wird eine Stunde lang einen Lobpreisgottesdienst in der Form geben, die viele junge Menschen heute anspricht. Dann werden alle auf dem Petersplatz für die Vigil erwartet. Es ist ein ganz einfaches Gebet mit Gesang, Lesung, Stille und Fürbitten. Insbesondere für diesen letzten Teil auf dem Petersplatz sind dann alle eingeladen.
Nach diesem Gebet werden die 18-bis 35-jährigen wieder zu ihren Gastgemeinden gehen und dort den Abend verbringen und wenn sie Zeit haben, am Sonntagmorgen noch am Gottesdienst teilnehmen.
DOMRADIO.DE: Ist das vielleicht auch ein Versuch von Papst Franziskus, gerade den jungen Leuten das Interesse für die Zukunft der Kirche näher zu bringen?
Fr. Richard: Ja, das ist ein ganz großes Anliegen von Papst Franziskus. Bis dahin wird auch noch der Weltjugendtag in Portugal stattfinden. Da sind wir auch im Gespräch, weil uns das ein großes Anliegen ist. Wie viele dann wirklich kommen, wissen wir noch nicht.
Es ist ja auch von Nordeuropa aus nicht ganz so einfach, nach Rom zu kommen. Deswegen überlegen wir auch ganz stark, wie junge Menschen nicht nur in Europa, sondern auch auf anderen Kontinenten an diesem Gebet für diese Tage der Synode beteiligt werden können.
DOMRADIO.DE: Die Weltsynode läuft schon seit 2021. Am Sonntag ist die Kontinentalversammlung für den europäischen Teil in Prag zu Ende gegangen. Da waren Brüder von Ihnen mit vor Ort. Inwiefern glauben Sie denn, dass die Ergebnisse bei der Synode aufgegriffen werden und inwiefern besteht da die Hoffnung auf echte Veränderung?
Fr. Richard: Zwei Brüder wurden nach Prag eingeladen, um zusammen diese Versammlung des Volkes Gottes vorzustellen und Menschen zu begegnen. Ich habe gehört, dass Bischof Felix Gmür aus der Schweiz in einem Interview gesagt hat: "Wir hören aufeinander, wir sehen, wie verschieden wir sind und was unsere Prioritäten sind. Aber was wir noch verstärken müssen, ist die Ökumene."
Wir brauchen in Europa die ökumenische Zusammenarbeit, damit die Kirche in den heutigen Gesellschaften davon ein Zeugnis geben kann. Wir freuen uns, dass das auch ein Thema wird. Angefangen mit dem, was Papst Franziskus schon am 15. Januar gesagt hat und was jetzt anscheinend auch in Prag wieder zum Thema gemacht wurde.
Das Interview führte Elena Hong.