Im Schatten der aktuellen politischen Krisen in Nicaragua und Venezuela und des Machtwechsels in Brasilien schien der Moment offenbar günstig. Kaum ein internationales Medium schaute in dieser Woche nach Guatemala. Doch der Versuch des Präsidenten Jimmy Morales, die Internationale Kommission gegen die Straflosigkeit (CICIG) loszuwerden, droht für den ehemaligen TV-Komiker zum Bumerang zu werden.
Am Dienstag hatte die guatemaltekische Außenministerin Sandra Jovel bekanntgegeben, dass der Vertrag mit den Vereinten Nationen über die Einrichtung der CICIG innerhalb von 24 Stunden einseitig beendet werde. Ein politischer Paukenschlag und ein Frontalangriff auf die Antikorruptionsbehörde, die sich mit zahlreichen Ermittlungserfolgen auch viele Feinde gemacht hat.
Rechtsstaatlichkeit gefährdet
Für die Mittelamerika-Referentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Ines Klissenbauer, ist das Vorgehen der guatemaltekischen Regierung inakzeptabel. "Mit seiner Entscheidung, den Arbeitsauftrag der CICIG zur Korruptionsermittlung, der bis September 2019 läuft, nicht zu verlängern und abrupt zu beenden, hat Präsident Jimmy Morales seine Maske fallen lassen", sagte Klissenbauer.
Im Wahlkampf habe sich Morales noch mit seinem Slogan: "Ni corrupto, ni landron" ("Weder korrupt noch Dieb") als großer Kämpfer gegen die Korruption präsentiert. "Doch seitdem die CICIG seinen Sohn und seinen Bruder 2017 wegen Steuerhinterziehung angezeigt hat und auch gegen ihn selbst wegen des Verdachts auf Korruption bei der Wahlkampffinanzierung ermittelt, zeigt er mehr und mehr sein wahres Gesicht", kritisiert die Expertin. Die Regierung stütze korrupte Eliten und werde damit selbst Teil eines kriminellen Netzwerks. "Das ist ein herber Rückschlag und gefährdet die Rechtsstaatlichkeit des Landes", sagte Klissenbauer.
Ähnlich sieht es Danuta Sacher, Leiterin der Abteilung Lateinamerika von Brot für die Welt: "Wir sind bestürzt über die Ankündigung der guatemaltekischen Regierung, die Zusammenarbeit mit der CICIG einseitig zu beenden. Hier wird nationales und internationales Recht gebrochen." Mit dieser Entscheidung müsste die Internationale Kommission ihre Arbeit vorzeitig einstellen und könnte die Vorwürfe gegen Familienangehörige von Morales nicht mehr untersuchen, so Sacher.
Präsident bekommt Gegenwind
Inzwischen aber gibt es im eigenen Land heftigen Gegenwind für den Präsidenten. Ein peinlicher Zwischenfall am Flughafen in Guatemala-Stadt, bei dem einer Mitarbeiterin der Behörde die Einreise verweigert werden sollte, endete mit der Verhaftung der dafür Verantwortlichen. Das Verfassungsgericht des mittelamerikanischen Landes kassierte am Mittwoch die Entscheidung von Morales, und die Vereinten Nationen erinnerten ihn an die rechtlichen Grundlagen.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres teilte mit: Das Mandat für die Kommission ende am 3. September. Wie es danach weitergeht, ist bislang offen. In den vergangenen Monaten gab es zahlreiche Demonstrationen zugunsten der Kommission in Guatemala.