DOMRADIO.DE: Die kostenlosen Plätze für die "Taylor Swift"-Gottesdienste waren ruckzuck weg. Über 1.300 Karten wurden ausgegeben. Die Resonanz war sogar größer als im vergangenen Jahr. Wie erklären Sie sich diesen Ansturm?

Vincenzo Petracca (Citykirchenpfarrer in Heidelberg): Wir sind selbst überrascht, dass der Run nicht nachlässt und dass die Resonanz sogar größer wird. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass sich die Qualität dieser Gottesdienste herumgesprochen hat. Es gibt ein großes Interesse an Pop-Gottesdiensten.
DOMRADIO.DE: Tine Wichmann ist wieder Ihre Taylor Swift. Welche Songs stehen im Mittelpunkt und was zeichnet diese Songs aus?
Petracca: Als Thema haben wir uns das Album "Reputation" genommen. Wie sieht es mit dem Ansehen von Taylor Swift aus? Zum einen hat sie viele Fans, zum anderen wird sie total angefeindet. Sie hat viele Songs gemacht, in denen sie sich gegen Anfeindungen wehrt. Solche Songs werden wir spielen.
"Take Me To Church" ist eine Anspielung auf ein Lied, das Swifties bei Konzerten immer wieder bei dem Lied "Don't Blame Me" hereinrufen. Dann gibt es natürlich große Hits von ihr wie "Ready For It" und "Blank Space". Es soll einen Mix aus großen Hits und eher unbekannteren Liedern werden.
DOMRADIO.DE: Wie gestalten Sie die Liturgie der Gottesdienste und wie interpretieren Sie die Texte darin?
Petracca: Wir verweben die klassische Liturgie mit den Songs und den Texten. Zum Beispiel wird ein Lied gespielt, das in einen Klangteppich übergeht. In diesen Klangteppich wird dann der Segen hineingesprochen. Für den Segen nehmen wir Bilder und Zeilen aus dem Lied auf und formen sie um. So machen wir das den ganzen Gottesdienst. Wir folgen der klassischen Liturgie, aber der einzige Text, der unverändert bleibt, ist das Vaterunser.
DOMRADIO.DE: Welches Publikum erwarten Sie? Sind das die Kirchgänger, die sonst auch in die Kirche kommen oder sind es ausschließlich Swift-Fans?
Petracca: Es kommen die bekannten Kirchgänger, genauso wie viele andere Interessierte. Sonst würden wir nicht 1.300 Leute zusammenbekommen. Es kommen Generationen zusammen. Eine Frau hat sich mit Tochter und Mutter angemeldet, die bereits 92 Jahre alt ist. Die Großmutter hat schon mal einen Taylor Swift-Gottesdienst bei mir miterlebt und gesagt: 'Da gehen wir als Familie hin.'
Eine andere Großmutter hat mich gefragt, ob es noch ein Ticket für ihre zwölfjährige Enkelin gibt. Leider war da bereits alles ausgebucht. Gestern hat mich vor dem Schaukasten eine Seniorin gefragt, ob es noch Karten gebe. Altersmäßig kommen verschiedene Milieus. Aus Baden-Württemberg hat sich eine ganze Konfirmandengruppe angemeldet.
DOMRADIO.DE: Im vergangen Jahr im Mai haben Sie so einen "Taylor Swift"-Gottesdienst zum ersten Mal angeboten. Was haben Sie selbst daraus gelernt?
Petracca: Erstens habe ich gelernt, dass ich mich - bevor ich diese Gottesdienste begonnen habe - mit Taylor Swift nicht auskannte. Seitdem bin ich selbst ein Swiftie. Dieses Mal werden wir Freundschaftsarmbänder nach dem Gottesdienst tauschen. Das hatten wir vor einem Jahr noch nicht. Außerdem habe ich einen tieferen Einblick in den Kulturkampf der USA gewonnen. Die Anfeindungen gegen Taylor Swift hängen im Wesentlichen damit zusammen, was da auf der anderen Seite des Teichs tobt. Durch Taylor Swift erhält man einen Blick in das Herz der amerikanischen Öffentlichkeit.
DOMRADIO.DE: Was war bei der Vorbereitung des Gottesdienstes diesmal anders, als im vergangenen Jahr?
Petracca: In die Arbeitsabläufe kommt auf jeden Fall Routine rein. Aber ich habe auch gemerkt, dass es nicht weniger Arbeit wird. Ich habe mir die ganze Woche freigehalten, und das war gut. Das habe ich im letzten Jahr gelernt. Die Aufregung bleibt trotzdem.
Was dieses Jahr besonders schön ist: Dieser Tage bekomme ich viele Rückmeldungen aus den sozialen Medien oder per Mail von Leuten, die von ihrer Vorfreude auf diesen Gottesdienst berichten. Diese Vorfreude ist jetzt richtig auf mich übergesprungen.
Das Interview führte Carsten Döpp.