Die Frauen sollen möglichst gut informiert mit ihrem Arzt darüber entscheiden, ob sie einen Test durchführen wollen. Die katholische Kirche und die Bundesvereinigung Lebenshilfe übten deutliche Kritik.
Zunächst hat jetzt das Bundesgesundheitsministerium zwei Monate Zeit zu einer weiteren Prüfung, bevor eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger möglich ist. Voraussichtlich ab Frühjahr 2022 kann der Bluttest dann als Kassenleistung angeboten werden.
Intensive ärztliche Beratung als Voraussetzung
Bereits 2019 hatten der Bundesausschuss und das Ministerium prinzipiell grünes Licht für den Test gegeben. Er soll aber nur "in begründeten Einzelfällen bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken" durchgeführt werden, hieß es. Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist eine intensive ärztliche Beratung.
Bei den seit 2012 in Deutschland angebotenen, nicht-invasiven Pränataltests werden ab der zehnten Schwangerschaftswoche Erbgutbestandteile des Kindes aus dem Blut der Schwangeren isoliert und auf Gendefekte wie Trisomie 21, aber auch 18 und 13 untersucht. Befürworter bezeichnen die Tests als zuverlässig und sicher; bei invasiven Tests komme es dagegen immer wieder zu Fehlgeburten.
Regelmäßige Selektion statt therapeutischem Ziel
Kritiker wie Behindertenverbände und die katholische Kirche warnten vor einer Ausweitung der Tests. Die Katholische Bischofskonferenz äußerte die Befürchtung, dass die Kassenzulassung dazu beitragen werde, dass der vorgeburtliche Bluttest schließlich regulär eingesetzt werde. "Als Kirche beobachten wir mit Sorge, dass die neuen nicht-invasiven pränataldiagnostischen Testverfahren sehr oft keine therapeutischen Ziele verfolgen", sagte ihr Sprecher Matthias Kopp auf Anfrage. "Auch bei den Bluttests zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 handelt es sich in erster Linie nicht um Tests mit einer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung. Vielmehr befördern diese Tests aus Sicht der Kirche eine besorgniserregende Tendenz in Richtung einer regelmäßigen Selektion."
Auf die Feststellung des "unerwünschten Merkmals" Trisomie erfolge zumeist der Abbruch der Schwangerschaft, beklagte Kopp. Bereits jetzt führten rund 90 Prozent der Trisomie-Verdachtsfälle zum Tod des Embryos. Nötig sei in jedem Falle eine frühzeitige und ausführliche ärztliche und psychosoziale Aufklärung, Beratung und Begleitung, in der gerade nicht die Frage nach dem Schwangerschaftsabbruch im Mittelpunkt stehe. Kopp forderte eine breite gesellschaftliche und politische Debatte sowie politische und gesetzliche Regelungen.
Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigungen
Auch der Sprecher der Bundesvereinigung Lebenshilfe, Peer Brocke, warnte davor, dass der Bluttest zur Regeluntersuchung werde. "Es wäre überaus wichtig, wenn hier der Bundestag ganz klare Grenzen setzen würde", sagte Brocke auf Anfrage. Die Lebenshilfe warnte vor einer stärkeren Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Die Regelung widerspreche auch den Verpflichtungen der UN-Behindertenrechtskonvention.
Mit dem Eindruck, der Test sei medizinisch sinnvoll, würden falsche Hoffnungen geweckt und der Druck auf Schwangere, ein angeblich perfektes Kind zu bekommen, wachse, so Brocke. Ein weiteres Problem der Bluttests sei, dass die Zahl der falsch-positiven Ergebnisse zunehme, je jünger die Schwangeren seien. Das Ergebnis müsste so oder so mit invasiver Pränataldiagnostik wie Fruchtwasseruntersuchungen abgesichert werden. Damit laufe aber der angebliche Vorteil des nicht invasiven Bluttests ins Leere. Zudem öffne der Test die Tür für die Kassenzulassung weiterer Tests auf genetische Merkmale.