"Ich bin Priesterin. Alt-Katholische Priesterin. Wer von Ihnen weiß, was das heißt?" Bei der Frage von Alexandra Pook aus Köln bleiben die meisten Hände in der Französischen Friedrichskirche in Berlin unten. Heute soll aufgeklärt werden, darüber, dass Ökumene weit mehr bedeutet, als nur die Reformation und ihre Folgen. Vertreter von katholischer und den reformierten sowie orthodoxen Kirchen sind hier heute zusammengekommen, um sich auszutauschen, aber auch voneinander zu lernen.
Die kleine Religionsgemeinschaft der Alt-Katholiken, vertreten durch die Priesterin Pook, wurde Ende des 18. Jahrhunderts, nach dem ersten vatikanischen Konzil, vom Papst exkommuniziert. Sie wollten das Unfehlbarkeitsdogma des Kirchenoberhauptes nicht akzeptieren. Nach kurzer Zeit der Ratlosigkeit haben sie ihre eigene Glaubensgemeinschaft gegründet, eine, in der es keinen Papst gibt und Frauen hinterm Altar stehen und Gottesdienst feiern.
Evangelisch nicht gleich evangelisch
Eine der größten Herausforderungen im ökumenischen Dialog ist, dass evangelisch nicht gleich evangelisch heißt. Wie auch die orthodoxe Kirche sind die Kirchen der Reformation in sich gespalten. Alleine in Deutschland gibt es mit den Lutheranern, den Unierten und den Reformierten drei evangelische Unterkonfessionen, die sich auch nicht in allen Fragen einig sind. Dazu kommen dann noch Gemeinschaften, wie Pfingstkirchen, oder Glaubensrichtungen aus dem Ausland wie die Kopten, die das ökumenische Konzert vervollständigen.
"Lange Zeit haben wir gesagt: Alles, was nicht katholisch ist, ist reformiert. Heute sehen wir das etwas differenzierter," erklärt Bettina Beer-Aebi vom schweizerischen evangelischen Kirchenbund. "Als wir vor 40 Jahren die erste Osterkerze in einer evangelischen Kirche in der Schweiz aufgestellt haben, war das für viele schon viel zu katholisch. Andere hatten damit kein Problem, und heute ist es an vielen Orten schon fast selbstverständlich." Genau so selbstverständlich, wie, dass auf dem Altar in der Mitte der Kirche am Gendarmenmarkt, wo die Diskussion stattfindet, Getränke und Gläser stehen. "Für uns evangelische Christen ist das ein Tisch. Nur im Gottesdienst wird er zum Altar."
Dialog mit der orthodoxen Kirche
Während im Jahr 2017 in der westlichen Welt 500 Jahre Reformation begangen werden, gibt es eine andere Kirchenspaltung, die noch viel älter ist: Die Spaltung zwischen Ost- und Westkirche. Radu Miron ist Erzpriester der griechisch-orthodoxen Kirche und erklärt, dass es in der Orthodoxie oftmals mehr auf das Bild als auf das gesprochene Wort ankommt. Um den Glauben richtig zu leben, brauche es aber beides. "Das Wort ist Bild und Bild ist Wort. Wenn wir nur mit einer Gehirnhälfte arbeiten, leben wir nicht ganzheitlich."
Dabei sei die Spaltung der früheren Jahrhunderte, ob zwischen katholisch und evangelisch oder zwischen Ost und West, eher eine Frage der Vergangenheit. Heute vermischen sich die Gruppen. In fast allen katholischen Regionen gibt es auch evangelische Christen und umgekehrt. Auch die Orthodoxie sieht das. Eine Trennung zwischen Ost und West gebe es heute nicht mehr, fast alle orthodoxen Ausprägungen haben in Deutschland eigene Auslandskirchen. Das Problem sei für sie eher eines der "Ungleichzeitigkeit", erklärt Erzpriester Miron: "Manche orthodoxe Christen in Deutschland sind Flüchtlinge, die vor sechs Wochen ins Land gekommen sind. Andere betreiben seit Jahrzehnten das Restaurant Akropolis um die Ecke."
Luther und die Katholiken
Auch die katholische Kirche hat von 500 Jahren Reformationsgeschichte gelernt. "Ohne Luther wäre unsere Kirche eine andere, aber garantiert keine bessere" erklärt Dr. Burkhard Neumann vom katholischen Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn. "Durch die Reformation legen wir zum Beispiel heute mehr Wert auf das gesprochene Wort. Auch ein katholischer Gottesdienst wird an der guten oder schlechten Predigt gemessen."
In den vergangenen Jahren ist das ökumenische Miteinander der Konfessionen weniger zur Abgrenzung als zu einem Dialog geworden. Das Jahr 2017 gibt da Anstoß zu weiteren Entwicklungen. Auch die Spitzen der Kirchen begegnen sich heute mit Freundschaft und Sympathie, scheuen aber auch nicht Wiedersprüche anzusprechen. Der größte Vorteil dieser Entwicklung liege aber bei jedem Christen selbst, erklärt Neumann: "Jeder weiß heute, warum er seiner Konfession angehört, was er daran gut oder schlecht findet."