Den Islam schlechthin gebe es nicht, sondern nur Auslegungen des Islam. Damit er zeitgemäß bleibe und die Menschen bereichere, müsse der Islam heute neu interpretiert werden, so der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Uni Münster.
Der Politikwissenschaftler und Publizist Hamed Abdel-Samad wies entschieden zurück, dass es im Islam eine Reform oder gar Reformation geben könne. "Wir haben heute ein Weltproblem, das mit dem Islam verbunden ist", sagte der Islamkritiker; "aber wir werden nie eine Person oder Institution finden, die dort Reformen aufnehmen oder umsetzen kann".
Khorchide und Abdel-Samad stellten bei einer Diskussion zum Thema "Ist der Islam noch zu retten?" Thesen vor, die sie in ihrer "Streitschrift in 95 Thesen" niedergelegt haben. Diese erscheint demnächst im Buchhandel.
Koran müsse ausgelegt werden
Khorchide betonte, der Koran sei nicht das direkte Wort Gottes, sondern ein Medium der Kommunikation. Daher spreche der Text des Koran nicht von selbst zum Gläubigen, sondern müsse ausgelegt werden. "Wir brauchen eine Reform, um zu zeigen: Es gab auch andere Rechtsschulen und Erklärungsmuster", so der Theologe. Damit bleibe der Islam lebendig.
Abdel-Samad warf Khorchide vor, er vertrete keinen authentischen Islam. "Wir müssen weg von der Autorität des Textes und vom islamischen Gottesbild", forderte er. "Religion ist Privatsache, und wir Menschen brauchen die Freiheit von Gott, nicht nur zu Gott."