Theologe kritisiert Gebets-Aufrufe nach Trump-Attentat

"Hohle Worte"

Nach dem Attentat auf Donald Trump haben zahlreiche US-Politiker zu Gebeten aufgerufen. Der US-Theologe William Schweiker sieht das kritisch. Auch zu Trump und dem amtierenden Präsidenten Joe Biden findet er klare Worte.

Donald Trump / © Julia Nikhinson (dpa)
Donald Trump / © Julia Nikhinson ( dpa )

Politische Aufrufe zu Gebeten sind für den US-Theologen William Schweiker "hohle Worte". Vorfälle wie das gescheiterte Attentat auf den früheren amerikanischen Präsidenten Donald Trump riefen "tiefe Gefühle hervor", sagte Schweiker dem Portal Zeit Online.

Dies sei nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 ähnlich gewesen. "Aber was hat es gebracht? Danach wurden die Muslime zu Feinden erklärt."

Joe Biden (l.) und Donald Trump / © Alex Brandon/Andrew Harnik (dpa)
Joe Biden (l.) und Donald Trump / © Alex Brandon/Andrew Harnik ( dpa )

Dass Menschen beteten, bedeute noch lange nicht, dass sie sich einig sein, erklärte der Wissenschaftler. Sinnvoller wäre es aus seiner Sicht gewesen, wenn US-Präsident Joe Biden nach dem Angriff auf Trump die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert hätte, "sich für Frieden und Einheit einzusetzen, statt eine höhere Macht anzurufen". Als Christ halte er die Trennung von Religion und Staat für wichtig, "weil nur das die Religion vor Missbrauch schützt".

Falscher Trost hilft niemandem

Religiöse Rituale könnten Trost spenden, "aber das kann auch ein falscher Trost sein". Der Experte mahnte eine grundlegende Unterscheidung an: "Falscher Trost ist, wenn ein Pfarrer den Eltern eines todkranken Kindes verspricht, dass Gott es heilen wird.

Ehrlicher Trost ist, zu sagen, euer Kind ist in die Liebe seiner Familie eingebettet, und wir Christen glauben, dass es durch die Liebe Gottes gerettet und erlöst ist."

Die USA seien "überpolitisiert", fügte Schweiker hinzu. Dies überlagere alle anderen Lebensbereiche und erschwere Kompromisse.

Derzeit dämonisierten sich beide Seiten - Demokraten und Republikaner - gegenseitig. "In Zeiten von Uneinigkeit setzen die Leute ihre Identität gleich mit dem, was sie für richtig halten. Sie definieren sich als die Guten. Das ist der tiefere Sinn von Identitätspolitik."

US-Präsident Joe Biden (r) und der ehemalige US-Präsident Donald Trump nehmen an einer von CNN veranstalteten Präsidentschaftsdebatte teil / © Gerald Herbert/AP (dpa)
US-Präsident Joe Biden (r) und der ehemalige US-Präsident Donald Trump nehmen an einer von CNN veranstalteten Präsidentschaftsdebatte teil / © Gerald Herbert/AP ( dpa )

Zu den beiden Präsidentschaftskandidaten sagte der Professor, der auch methodistischer Pfarrer ist, Trump sei "in Wahrheit" areligiös. Er berufe sich, "wenn es passt, gern auf Gott", lasse jedoch "keinerlei Demut" und keine starken Glaubensüberzeugungen erkennen.

"Er will die Macht, sonst nichts." Biden dagegen sei ein frommer Katholik: "Er hätte es, was öffentliches Beten angeht, besser wissen müssen."

Quelle:
KNA