Theologe kritisiert Papst für Zweigleisigkeit vor Synode

Zugeständnisse ohne Entscheidung?

Der Theologe Jan-Heiner Tück vermutet, dass der Papst bei der Weltsynode eine Debatte über Reformen in der Kirche zulassen wird. "Was manche als Wankelmütigkeit bemängeln, kann gezielte Strategie sein, Gesprächsprozesse anzustoßen".

Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Das schreibt Jan-Heiner Tück, Professor am Institut für Systematische Theologie der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät, in der "Neuen Zürcher Zeitung".

Allerdings deute der Papst zuweilen Zugeständnisse an, drücke sich dann aber vor Entscheidungen, kritisiert Tück. Der Synodale Prozess, also das gemeinsame Beraten über die weitere Entwicklung der Kirche, der das wichtigste Vermächtnis von Franziskus bleiben dürfte, sei ein Großereignis mit offenem Ausgang.

Jan-Heiner Tück (privat)
Jan-Heiner Tück / ( privat )

Päpstliche "Wankelmütigkeit"

Die päpstliche "Wankelmütigkeit" macht der Theologe etwa an den Themen Frauenpriestertum und Segnung gleichgeschlechtlicher Paare fest. So fördere Franziskus einerseits die weibliche Präsenz in der Kirche, indem er im Vatikan Spitzenposten mit Frauen besetze oder weibliche Mitglieder in die Bischofssynode berufe.

Zugleich bejahe er die lehramtliche Punktsetzung, die Johannes Paul II. mit dem Verbot der Weihe von Frauen vorgenommen habe.

Ähnlich doppelgleisig fahre Franziskus im Umgang mit gleichgeschlechtlichen und LGBTQ-Personen. Die "päpstlichen Charmeoffensiven" weckten Erwartungen. Zugleich solle die Lehre unverändert bleiben, es gehe lediglich um eine neue pastorale Kultur.

Selbst nicht immer synodal 

Papst Franziskus werbe für eine Kirche der Inklusion und fördere einen synodalen Stil, ohne dass er sich selbst immer synodal verhalten würde, kritisiert Tück: "Seine Vision einer offenen Kirche hat Grenzen, wenn es um die Liebhaber der alten Messe geht, derenliturgischen Spielraum er scharf eingegrenzt hat." Auch die Dauer-Schelte gegen Klerikalismus sei für viele Priester nicht gerademotivierend.

Am Montag hatte der Vatikan Antworten des Papstes an fünf konservative Kardinäle veröffentlicht, die ihn zu einer Klärung von strittigen Fragen des katholischen Glaubens aufgefordert hatten, darunter auch jene nach Segnungen homosexueller Partnerschaften. Demnach lehnt der Papst solche Segnungen nicht gänzlich ab: Wer um einen Segen bitte, drücke damit eine Bitte um Hilfe von Gott aus, eine Bitte um eine bessere Lebensweise.

Tück mahnte, bei der Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, eine "Spaltungsträchtigkeit solcher Forderungen" zu beachten. "Was in Westeuropa auch unter Katholiken mehrheitlich begrüßt wird, ist in anderen Regionen der Weltkirche tabu."

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA