DOMRADIO.DE: Kurz vor dem Wochenende hat die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Bonn die Meldung veröffentlicht, dass Sie nach vierjähriger Amtszeit als Dekan turnusgemäß dieses Amt beenden werden. Aufsehen hat dabei vor allem die Mitteilung erregt, dass Sie zum 1.10.2023 an die Universität Freiburg wechseln werden. Wie kommt es dazu?
Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister (Moraltheologe und Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn): Gemäß der Fakultätsordnung wird der Dekan für vier Jahre gewählt. Dann steht eine Neuwahl an. Das ist ein ganz normaler Vorgang. An unserer Fakultät wird das Dekansamt neben den regulären Aufgaben als Professor ausgeübt. Dennoch kann man als Dekan einiges gestalten und Impulse setzen. Insgesamt kommt aber schon einiges zusammen. Daher ist es gut, wenn nach vier Jahren jemand anderes Dekan bzw. Dekanin wird.
DOMRADIO.DE: Sie haben ja in Ihrer Zeit so manches gestaltet, warum wollen Sie dann dennoch nach Freiburg gehen?
Sautermeister: Ich bin äußerst dankbar für meine Zeit an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Exzellenzuniversität Bonn. Ich habe viel lernen, wertvolle Erfahrungen sammeln und an der Dynamik einer hoch innovativen und engagierten Universität mitwirken dürfen. Das fakultäre Miteinander und die interdisziplinäre Einbindung suchen ihresgleichen. Die substanzielle Förderung durch den Rektor der Universität Bonn, Herrn Professor Hoch, und das Rektorat sind einzigartig.
Auch die enge und vertrauensvolle Kooperation mit den anderen Fakultäten, vor allem der Evangelisch-Theologischen Fakultät, die Zusammenarbeit unter den Dekanen oder die Resonanzen aus Hochschulrat und Senat machen die Universität Bonn zu einem besonderen Ort. Das waren hervorragende Bedingungen, um an der strategischen Ausrichtung der Fakultät für die kommenden Jahre mitwirken zu dürfen.
DOMRADIO.DE: Was hat Sie dann zu dem Wechsel an die Theologische Fakultät in Freiburg motiviert?
Sautermeister: Ich bin sehr dankbar und zufrieden, was wir gemeinsam an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn erreicht haben. Mit diesen Maßnahmen hat sich die Fakultät für die Zukunft aufgestellt und ein Programm für die kommenden Jahre geschaffen. Der intensive Austausch mit den Studierenden erfüllen mich mit großer Dankbarkeit. Das Engagement der Fachschaft finde ich großartig. Aber auch der Zuspruch und der Rückhalt, den die Fakultät für ihre Vorhaben außerhalb der Universität erhalten hat, haben mich sehr beeindruckt.
Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Einrichtungen des Erzbistums Köln und der Caritas zeigen, wie wichtig und gewünscht eine Fakultät ist, die gemäß dem Zweiten Vatikanum für eine weltoffene Kirche und eine gesellschaftsrelevante Theologie steht. Mit diesen guten Erfahrungen im Gepäck freue ich mich, mich durch den Wechsel nach Freiburg persönlich und beruflich weiterentwickeln zu können.
DOMRADIO.DE: Mögen Sie das noch näher erläutern?
Sautermeister: Das Renommee des Freiburger Lehrstuhls ist vergleichbar mit dem des Bonner Lehrstuhls für Moraltheologie. Als Nachfolger des leider viel zu früh verstorbenen Kollegen Eberhard Schockenhoff ist es für mich Ehre und Ansporn zugleich, diese Professur zu übernehmen und ihr meine eigene Handschrift zu geben.
Daher möchte ich mich in den kommenden Jahren in die Freiburger Theologische Fakultät und Universität mit ihrer ebenfalls äußerst attraktiven Forschungslandschaft einbringen. Es wird theologisch darum gehen, zukunftsoffen und damit auch offen für die ethisch anspruchsvollen normativen Ideen einer liberalen Gesellschaft zu sein und zugleich die ethische Dimension des Christlichen in die unterschiedlichen Diskurse einzubringen. Ich freue mich auf neue Kooperationen und Möglichkeiten innerhalb und außerhalb der Universität und natürlich auch im Erzbistum Freiburg.
DOMRADIO.DE: Was erhoffen Sie sich von diesen Kooperationen?
Sautermeister: Die Theologie wird in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen stehen. Darauf muss ich hier nicht näher eingehen. Die Theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten im deutschsprachigen Raum sind etwas Besonderes. Ihr hohes wissenschaftliches Niveau, ihre interdisziplinäre Vernetzung und Gesellschaftsrelevanz werden durch den universitären Kontext besonders gefordert und gefördert.
Sie gewinnen somit Strahlkraft und Wirkung in Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft. Wenn man sich nicht abschotten möchte, gibt es keinen Grund, diese kirchlicherseits anzugreifen oder deren Kirchlichkeit in Frage zu stellen. In meinen Gesprächen mit dem Erzbistum Freiburg habe ich den Eindruck gewonnen, dass dies auch so gesehen wird und dass die Theologische Fakultät der Universität Freiburg tatkräftig gefördert wird. Und was mir auch wichtig ist: Als katholischem Theologen bieten sich mir in Freiburg gute Bedingungen, Kirche leben und mitgestalten zu dürfen.
DOMRADIO.DE: Sie haben als Dekan auch dafür gesorgt, dass die katholische Theologie an der Universität Bonn an wissenschaftlicher Kompetenz gewonnen hat und auch als gewisser freier Kontrapunkt zur Kölner Hochschule für Katholische Theologie wahrgenommen werden konnte. Spielen die Pläne und Positionen vom Kölner Erzbischof für Sie eine Rolle beim Wechsel ins Erzbistum Freiburg?
Sautermeister: Die Katholisch-Theologische Fakultät ist Gründungsfakultät der Universität Bonn und hat eine über 200-jährige Tradition, aus der bis heute namhafte Theologinnen und Theologen wie auch kirchliche Würdenträger erwachsen sind. Die KHKT wurde im Jahr 2019/20 auf Wunsch des Kölner Erzbischofs etabliert. Anscheinend soll die KHKT ein Kontrapunkt zu unserer Bonner Fakultät sein.
Ich freue mich sehr, dass sich so viele Stimmen auch aus dem Erzbistum und dem Kölner Klerus, der ja weitestgehend in Bonn studiert hat, die Bedeutung und den Wert der Bonner Fakultät anerkennen und benennen. Im Jahr 2019 wurde die Universität Bonn zur erfolgreichsten Universität im Exzellenzwettbewerb gekürt. Das war für uns Ansporn und hat die Möglichkeiten für unsere Fakultätsentwicklung vergrößert. Die Kompetenz und das Profil einer Fakultät ist das Ergebnis aller ihrer Mitglieder.
Ich bin stolz und dankbar für das, was wir alle gemeinsam in den letzten Jahren in Bonn erreicht haben. Die Entwicklung der Bonner Fakultät steht für sich und ist unabhängig von der KHKT. – Man wäre schlecht beraten, wenn man sich nur von etwas weg entscheiden würde. Zu den positiven Gründen, die mich an die Universität Freiburg und in das Erzbistum Freiburg führen, habe ich ja schon bereits etwas gesagt.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.