Für den Mainzer Moraltheologen Stephan Goertz ist die Theologie des Leibes von Johannes Paul II. gescheitert. Sie sei der Versuch gewesen, "das von der katholischen Lehre fernzuhalten, was sie seit gut 200 Jahren kulturell in Bedrängnis bringt: die Entdeckung der Freiheit und Gleichheit der Geschlechter und die Freisetzung der Sexualität", so Goertz in einem Beitrag der Herder-Korrespondenz (April).

Während das Zweite Vatikanische Konzil betont habe, Sexualität sei ein Geschehen von Person zu Person, habe Johannes Paul II. in den Jahren danach eine Theologie entwickelt, die dahinter zurückgehe und den Fokus auf Sex zwischen Mann und Frau zur Fortpflanzung lege.
"Was in der Sexualität an menschlich Bedeutsamem erlebt werden kann, zählt nur, solange es im katholisch korrekten Rahmen bleibt", so Goertz zur Theologie des Leibes. Autonomie und Gleichheit seien in diesem Zusammenhang keine Werte. Wenn jedoch das Prinzip der Autonomie nichts mehr wert sei, brauche es auch kein ethisches Argumentieren mehr, so der Theologe.
Sex als Genuss
Es falle ihm schwer, so Goertz weiter, zu verstehen, was so unchristlich an einer Welt sein solle, die beim Thema Sexualität weniger an genitale, sondern an personale Ergänzung denke. "Was ist so unsittlich an einer Kultur, die den geteilten sexuellen Genuss als Geschenk betrachtet, dankbar ist, wenn er gelingt, und ihn nicht ängstlich denen vorbehält, die es in den sicheren Hafen der Ehe geschafft und darin, wie vorgesehen, ihr Glück gefunden haben?"
Daher schlägt Goertz eine andere Denkweise von Liebe und Sexualität vor: "In der Form des ganzheitlichen Begehrens einer anderen Person stellt Liebe ein prekäres Prinzip dar - sie lässt sich nicht kalkulieren oder erzwingen, nicht durch bloßen Willen am Leben erhalten, nicht institutionell einfangen." Liebe schere sich womöglich auch nicht um Geschlechterdifferenz.
Als "Theologie des Leibes" wird der sexualethische Entwurf von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) bezeichnet. Als Kaplan, Professor und Papst entwickelte er eine Theologie, in der Liebe und die Bedeutung der Sexualität nach einem definierten göttlichen Plan gedacht werden.
Vor allem die heteronormative Zuordnung von Mann und Frau ist grundlegend für diese Theologie.