Theologe Söding erklärt die Hintergründe des Pfingstfests

"Der Heilige Geist ist die Schöpferkraft Gottes"

Die Zeit zwischen Oster- und Pfingstfest ist entscheidend für den christlichen Glauben. Viele Dinge sind schwierig zu verstehen. Theologe Thomas Söding erklärt, wie Jesus auferstanden ist und was man unter dem Heiligen Geist versteht.

Kirchenfenster mit der Darstellung des Heiligen Geistes in Form einer weißen Taube / © Nancy Bauer (shutterstock)
Kirchenfenster mit der Darstellung des Heiligen Geistes in Form einer weißen Taube / © Nancy Bauer ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Die Auferstehung von Jesus Christus ist das Glaubensgeheimnis für Christen. Wie viel sagt denn eigentlich die Bibel, das Neue Testament, über die Auferstehung?

Thomas Söding / © Max von Lachner (SW)
Thomas Söding / © Max von Lachner ( SW )

Prof. Dr. Thomas Söding (Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken / ZdK): Die Auferstehung ist tatsächlich das Geheimnis unseres Glaubens. Aber die Bibel hat hier eine ganz wichtige Leerstelle, weil nämlich einfach nicht beschrieben wird, wie Jesus von den Toten auferstanden ist. Wir sind auf der einen Seite im vollen Grab. Das ist ja das eigentliche Skandalöse, dass Jesus tatsächlich gestorben ist.

Dann haben wir den Bruch des offenen Grabes, in dem Jesus nicht mehr liegt. Und dann beginnt die Frage, wie das denn sein kann. Diese Frage begleitet uns durch die ganze Osterzeit. Jesus erscheint den Seinen in der Kraft Gottes. Das ist das Geheimnis des Glaubens.

DOMRADIO.DE: Jetzt könnte man auch sagen, das ist alles nur sprichwörtlich gemeint. Vielleicht war er nicht wirklich tot. Weshalb glauben wir das? Was gibt uns im Text die Überzeugung, dass das nicht bloß eine Geschichte ist, wie einige Schilderungen im Alten Testament nur Geschichten sind?

Die Bibel / © NYU Studio (shutterstock)

Söding: Kreuz ist Kreuz. Wenn etwas wirklich ein harter Tod gewesen ist, ist es derjenige, den Jesus hat erleiden müssen, weil er zum Demonstrationsobjekt für die römische Macht über Israel hat werden sollen.

Auf der anderen Seite wird tatsächlich die Realität der Auferweckung sehr stark betont.

Die ist genau das, was eigentlich auch die Jünger Jesu gar nicht glauben können. Sie können sich alles vorstellen. Ein Gespenst stellen sie sich vor, sie können sich eine eigene Illusion vorstellen. Aber dass Jesus tatsächlich derjenige ist, der gestorben ist und jetzt auferweckt worden ist, können sie sich nicht vorstellen.

Das genau dreht das Neue Testament und sagt, Glaube ist möglich. Jesus ist wirklich von den Toten auferweckt worden.

DOMRADIO.DE: Das heißt, das, was uns die Fakten liefert, sind die Reaktionen, die dann von den Jüngern gekommen sind?

Söding: Es sind die Reaktionen, die gedeutet worden sind. Die besagen, nicht nur wir haben etwas gesehen, sondern uns hat Gott Jesus gezeigt. Dann wird ganz präzise gesagt, das ist eine Frage des Glaubens.

DOMRADIO.DE: Das ist der eine Teil der Geschichte, die leibliche Auferstehung. Aber dann gibt es auch noch die leibliche Himmelfahrt, an die wir genauso glauben. Mal ganz dumm gefragt: Was ist denn mit dem Körper passiert? Mit den Knochen, mit den Haaren, mit der Haut? Die sind ja nicht einfach verschwunden.

Statue des Apostels Paulus vor dem Petersdom / © StrippedPixel.com (shutterstock)
Statue des Apostels Paulus vor dem Petersdom / © StrippedPixel.com ( shutterstock )

Söding: Die sind nicht einfach verschwunden. Der Apostel Paulus hat das auf den Punkt gebracht. Er sagt, der Körper sei verwandelt worden. Wir haben ja eine kurze Zeit, in der dann das Neue Testament sagt, dass es eine ganz besondere Form der Gegenwart Jesu gegeben hat. Er ist ganz er selbst.

Er spricht, er lässt sich berühren, er isst sogar mit seinen Jüngern. Aber er ist doch ganz anders. Das kann man in diesen Erzählungen deutlich machen, wenn er etwa durch die geschlossenen Türen hindurchgeht oder wenn er in den Himmel aufgefahren wird. Ich warne vor Rationalisierung, aber ich warne vor allen Dingen auch davor, jetzt hierin einfach nur einen Mythos zu sehen. Nein, es geht schon um Jesus selbst.

Prof. Dr. Thomas Söding

"An Pfingsten wird das Fest der Inspiration gefeiert."

DOMRADIO.DE: An Pfingsten feiern wir den Heiligen Geist. Ruach, sagen wir. Das ist noch schwieriger zu erklären. Was versteht denn das Neue Testament unter diesem Heiligen Geist?

Söding: Der Heilige Geist ist die Schöpferkraft Gottes, ist die lebendige Macht Gottes. Der Heilige Geist ist mehr als nur eine Energie, die deutlich macht, dass Gott ganz und gar der Eine, der Heilige, der transzendente Gott bleibt, der aber als er selbst mit den Menschen kommuniziert. Das ist durch Jesus Christus vermittelt worden.

Wir reden von Inspiration, dass es inspirierte Menschen gibt. Das stellen wir uns gegenwärtig eher in der künstlerischen Szene vor. Aber das Original ist religiös. An Pfingsten wird das Fest der Inspiration gefeiert.

DOMRADIO.DE: Was wir auch als Geburtstag der Kirche bezeichnen. Wie passt das dann da rein?

Söding: Bei der Bezeichnung Geburtstag der Kirche bin ich etwas zurückhaltend. Es ist richtig, dass Pfingsten ein Fest des Aufbruchs und des Anfangs ist. Es beginnt jetzt die öffentliche Verkündigung des Evangeliums. Aber Jesus selber hat ja schon Menschen in seine Nachfolge gesammelt.

Für die Kirche ist die Verwurzelung in Israel, im Gottesvolk des ewigen Bundes Gottes grundlegend. Ich meine nicht, dass wir hier von einem Geburtstag der Kirche sprechen sollten, sondern ich meine, dass wir hier von diesem Aufbruch in die weltweite Verkündigung reden sollten.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Pfingsten

Pfingsten ist für Christen das Fest des Heiligen Geistes und gilt als Geburtsfest der Kirche. Damit endet die 50-tägige Osterzeit. Das Wort Pfingsten leitet sich ab von "Pentekoste", dem griechischen Begriff für "fünfzig". Die Bibel versteht den Heiligen Geist als schöpferische Macht allen Lebens. Er ist nach kirchlicher Lehre in die Welt gesandt, um Person, Wort und Werk Jesu Christi lebendig zu erhalten.

Pfingsten / © kna (KNA)
Pfingsten / © kna ( KNA )
Quelle:
DR