DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat jüngst erst genehmigt, dass zukünftig bei Bischofssynoden Laien und damit auch Frauen mitbestimmen dürfen. Wie bewerten Sie diesen Schritt?
Prof. Dr. Thomas Söding (Bibelwissenschaftler und Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und des Synodalen Wegs): Das ist ein ganz wichtiges Zeichen. Es ist nur ein erster Schritt, aber er hat eine große Symbol-Bedeutung.
Und an einer Stelle ist er auch strukturell und systemisch wichtig, weil nämlich jetzt klar ist, dass nicht nur an den Beratungen, sondern auch an den Entscheidungen sogenannte Laien, nicht zuletzt auch Frauen, teilnehmen. Das ist ganz lange als ideologisch gar nicht möglich hingestellt worden. Jetzt sehen wir, dass es geht. Das tut der katholischen Kirche auch gut.
DOMRADIO.DE: Sie sollen auf der Konferenz Inhalte des deutschen Synodalen Weg präsentieren. Die Signale, die bisher aus Rom zum deutschen Synodalen Weg gekommen sind, waren negativ bis skeptisch. Ein synodaler Rat wird zum Beispiel abgelehnt. Welche Reaktionen erwarten Sie denn bei der Konferenz?
Söding: Wir haben bereits begonnen. Wir haben uns Lateinamerika, Australien und Deutschland angeschaut. Dabei hat sich herausgestellt, dass auf unterschiedlichen Modellen doch sehr ähnliche Ziele verfolgt werden.
Im Moment ist nicht die Zeit zu sagen, dass dieser Weg geht und der andere Weg geht nicht. Deswegen bedauere ich sehr, dass es voreilige Äußerungen aus Rom selbst gegeben hat. Hier haben wir eine ganz andere Atmosphäre. Die Weltkirche weiß, dass sie sich erneuern muss. Die katholische Kirche ist eine synodale Kirche. Die Impulse sind stark, die Konkretisierung steht jetzt an.
DOMRADIO.DE: Auf welche Themen werden Sie denn von Deutschland aus eingehen?
Söding: Von Deutschland aus versuche ich deutlich zu machen, dass wir gemeinsames Beraten und gemeinsames Entscheiden integrativ sehen müssen. Dass es ja nicht in erster Linie darum geht, irgendwelche Privilegien von bestimmten Personen noch zu sichern, wir sind eigentlich sehr viel weiter in unseren Erfahrungen:
Gute Entscheidungen setzen gute Beratungen voraus. Deswegen muss das Ganze integrativ gesehen werden. Das ist nicht überall so schon organisiert.
Das hängt damit zusammen, dass wir in Deutschland diese lange Geschichte von Synoden haben, die Würzburger Synode sei da als Stichwort genannt, und dass wir mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken eine wirklich sprech- und handlungsfähige Organisation haben, die auf Augenhöhe mit der Bischofskonferenz solche Projekte schmieden kann.
DOMRADIO.DE: Insgesamt sollen Laien mehr Mitspracherecht in der katholischen Kirche bekommen. Das ist ein Ziel der Weltsynode. Zeichnet sich denn schon ab, wie so etwas praktisch gelingen könnte?
Söding: Im Moment ist es ein sehr kreativer Suchprozess. Dafür habe ich sehr viel Verständnis. Wir hatten Voten bereits aus Afrika, aus den Philippinen und verschiedene europäische Stimmen. Es ist sehr verständlich, dass dort die Hintergründe, die Erwartungen, die Konstellationen sehr, sehr unterschiedlich sind.
Das wird im Moment gesammelt und geordnet. Da hatten wir als wichtigen Zwischenschritt unter anderem die Europäische Versammlung im Februar in Prag. Da liegt jetzt das entsprechende Dokument vor.
Auch hier zeigt sich: Wir haben flächendeckend Probleme in der katholischen Kirche. Ich nehme einfach nur mal die Frage der Frauenrechte, der Inklusion und der Partizipation von Jüngeren. Das Problem ist erkannt. Nun müssen die besten Modelle an den Start, wie diese Probleme gelöst werden können.
DOMRADIO.DE: Welche Erwartungen kann man denn insgesamt an die Weltsynode stellen? Kann da noch mehr Großes passieren oder ist Enttäuschung vorprogrammiert?
Söding: Es muss etwas geliefert werden. Es kann auch etwas geliefert werden. Da sind dann solche einzelnen Entscheidungen des Papstes wichtig.
Für mich ist entscheidend, ob jetzt tatsächlich erkannt wird und dann auch umgesetzt werden kann, dass diese Synoden zu einem Strukturprinzip der katholischen Kirche gehören.
Es ist wichtig, dass Synoden nicht nur so eine "Ad hoc-Konstellation" sind, wenn mal ein Problem anderweitig nicht zu lösen ist. Diese Synoden müssen dann so gedacht werden, dass die spezifische Aufgabe von Bischöfen in der Leitungsfunktion, die ja prinzipiell unbestritten ist, verschaltet wird, sodass auch das Kirchenvolk zu seiner Stimme kommt, dass es Rechte hat und dass nicht am Ende wieder nur einer bestimmt: Daumen rauf oder Daumen runter - das ist nicht katholisch.
Das Interview führte Katharina Geiger.