Thomas Söding äußerte sich im Interview mit den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag).
Der Zentralismus in der Kirche müsse reduziert werden, um bei allem Zusammenhalt Unterschiede zwischen den Kontinenten und Kulturen zu ermöglichen, so der Theologe. "Wir wollen alle 100 Prozent katholisch sein, aber auf eine Art, wie sie zur Kultur des Landes oder Kontinents passt."
Söding lehrt an der Universität Bochum Bibelwissenschaften; zudem wurde er vom Vatikan als beratender Experte zur Vollversammlung nach Rom eingeladen.
Wo drückt der Schuh?
Um mehr Vielfalt zu erreichen, brauche es zunächst bei der ersten Vollversammlung im Oktober dieses Jahres Offenheit und "eine respektvolle Atmosphäre des Miteinanders, des Hörens und Argumentierens". Die katholische Kirche müsse ehrlich und klar benennen, "wo der Schuh drückt". Ein Problem etwa sei die Konzentration von Macht.
Zur biblisch begründeten Lehre von der Kirche gehöre zwar, dass Leitung mit dem bischöflichen Amt verbunden ist, sagte Söding. "Aber dass die Monarchie die beste Regierungsform der Kirche sei, steht nirgendwo im Neuen Testament."
Neue, durchaus unterschiedliche Formen von Partizipation seien nötig. Als drei weitere brennende Probleme der Weltkirche nennt Söding Klerikalismus, die Zurücksetzung von Frauen und die Tatsache, "dass Menschen, die ihr Leben anders führen, als es der Katechismus vorsieht, ausgeschlossen werden".
Ziel ist mehr Synodalität
Zugleich lobte Söding die weltweite Vorbereitung auf die Synode: "Welche andere weltumspannende Organisation schafft es, sich auf eine solche Problemanzeige zu verständigen? Die Vereinten Nationen zum Beispiel nicht."
Mit der Weltsynode, einem 2021 begonnenen mehrstufigen weltweiten Beratungsprozess, will der Papst der katholischen Kirche zu mehr Synodalität, also einem anderen Umgangs- und Beratungsstil verhelfen.
Söding warnt davor, das Thema könne ideologisiert werden. Diese Gefahr bestehe vor allem durch reaktionäre Interessengruppen und könne auch Beratungen in Rom vergiften.