Thüringens Kirchen und Regierung sprechen über Migrationsfragen

"Extrem wertschätzender Ton"

Vertreter der Kirchen und der neuen Thüringer Landesregierung haben erstmals über zentrale politische und gesellschaftliche Fragen gesprochen. Dabei ging es um Migrationspolitik, christliche Werte und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Dom und Severikirche in Erfurt / © Martin Schutt (dpa)

Spitzenvertreter der Kirchen in Thüringen sind am Dienstag erstmals zu einem Treffen mit der neuen Landesregierung zusammen gekommen, um über den verschärften politischen Migrationskurs zu diskutieren. "Wir haben uns in extrem wertschätzendem Ton über die gegenseitigen Standpunkte in diesen Fragen ausgetauscht", sagte Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) im Anschluss in Erfurt. Die Kirchen seien in der Integrationsberatung stark engagiert: "Das befürworten wir sehr."

Der katholische Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr erklärte: "Als Kirchen mahnen wir in der Migrationsfrage immer wieder zur Differenzierung. Uns ist wichtig, in jedem Geflüchteten erst einmal einen Menschen zu sehen und jeweils das Einzelschicksal zu betrachten."

"Migration menschenwürdig ordnen"

Der evangelische Landesbischof Kramer ergänzte, kirchlicherseits gebe es etwa Skepsis mit Blick auf die Abschiebehaft. "Die Landesregierung hat angekündigt, Migration zu ordnen. Wir haben deutlich gemacht: Migration muss menschenwürdig geordnet werden." Auch wenn man in Einzelfragen unterschiedlicher Meinung sei, gebe es aber einen breiten Grundkonsens, gemeinsam den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Thüringen voranzubringen. Dem pflichtete Voigt bei: "Wir brauchen die christlichen Kirchen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern."

Bischof Michael Gerber erklärte: "Einig waren wir uns bei der Notwendigkeit, Fluchtursachen zu bekämpfen. Das muss auch bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen in Berlin klar im Blick sein." Gerade jetzt, wo die USA sich unter dem neuen Präsidenten Donald Trump in diesem Bereich zurückzögen, sei eine starke Initiative der Europäer notwendig. "Die Frage ist, wem überlassen wir das Feld? Wo setzen wir nachhaltige Akzente, gerade auch in Zeiten knapper werdender Gelder", so der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Mehrere Bistümer und eine Landeskirche

Im Zuge der Landtagswahlen im vergangenen September löste die sogenannte Brombeer-Koalition aus CDU, SPD und BSW das bisherige rot-rot-grüne Regierungsbündnis unter Leitung von Bodo Ramelow (Linke) ab. Dieser ist bekennender Protestant und pflegte während seiner zehnjährigen Amtszeit ein gutes Verhältnis zu den Kirchen.

In Thüringen liegen die Kirchengebiete des Bistums Erfurt und der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland sowie Teile der Bistümer Dresden-Meißen und Fulda sowie der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Evangelischen Landeskirche Sachsen. Von den rund 2,1 Millionen Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat sind etwa 20 Prozent evangelisch und gut sechs Prozent katholisch; rund 70 Prozent sind konfessionslos.

Bistum Erfurt

Das katholische Bistum Erfurt erstreckt sich über den größten Teil Thüringens. Ihm gehören rund 130.000 Katholiken in 33 Pfarreien an, das sind gut sechs Prozent der Bevölkerung. Stark katholisch geprägt ist nur das Eichsfeld im Nordwesten des Freistaats.

Ein erstes Bistum Erfurt gründete der Heilige Bonifatius im Jahre 742. Es bestand nur wenige Jahre, danach kam das Gebiet für rund 1.000 Jahre zum Erzbistum Mainz. 

Der Erfurter Domplatz am Mariendom und der Severikirche / © Martin Schutt (dpa)
Der Erfurter Domplatz am Mariendom und der Severikirche / © Martin Schutt ( (Link ist extern)dpa )