Bei der Meerbuscher Hospizbewegung ist das Sprechen über den Tod Alltag. Gesa Branding und Ineke Rockhoff begleiten hauptberuflich sterbende und trauernde Menschen. Dass nicht ständig darüber gesprochen wird, ist für sie auf der einen Seite verständlich. "Trotzdem bedarf es aber immer wieder auch Öffentlichkeitsarbeit und Hinweis darauf, dass unser Leben halt auch begrenzt ist", meint Gesa Branding, die Leiterin der Einrichtung.
Zur Meerbuscher Hospizbewegung kommen Menschen, die in ihrem familiären Umfeld jemanden haben, der aussichtslos schwer erkrankt ist, um sich beraten zu lassen. Den meisten ist es erst einmal wichtig, dass ihnen jemand zuhört und mit ihnen spricht, sagt Gesa Branding. Und: "Dass es Menschen gibt, die das benennen können und einfach auch so eine Offenheit haben zu sagen: Ja, das ist so und das ist schwer."
Angst vor dem Tod oder Angst vor dem Sterben?
Angst vor dem Tod zu haben ist für die meisten Menschen vermutlich ganz normal. Oft geht es aber auch um die Ängste der Angehörigen, ist die Erfahrung von Irene Rockhoff. "Die Angehörigen fühlen sich in den Situationen überfordert und hilflos. Die Situation, das Komplettpaket ist das, was eben den Menschen auch Angst macht."
Auch der Prozess des Sterbens und die Befürchtung zu leiden, macht vielen Menschen Angst. Dafür kennt die heutige Medizin allerdings viele Möglichkeiten, weiß Gesa Branding. "Wir sorgen dafür, dass sie nicht leiden müssen. Da gibt es heutzutage einfach wirklich vieles, dass die Menschen nicht leiden müssen." Und trotzdem macht es den Menschen natürlich Angst nicht zu wissen, was nach dem Tod kommt, sagt sie: "Weil das nicht wirklich greifbar ist: Was heißt eigentlich Tod? Was kommt danach?"
Die Bedeutung von Religion und Spiritualität
Deswegen ist es für die beiden Koordinatorinnen auch ganz wichtig, mit Menschen, die kurz vor dem Tod stehen, über den Sinn ihres Lebens nachzudenken.
Gesa Branding hat die Erfahrung gemacht: "Es gibt für alle Menschen eine Spiritualität, ob im Christentum, im Buddhismus oder im Islam oder wenn jemand gar nicht an eine Religion gebunden ist. Aber es geht am Ende des Lebens immer um den Sinn. Was habe ich gemacht? Wieso bin ich hier gewesen? Wo gehe ich hin?" Für viele Menschen sei auch der Gedanke tröstlich, dass auch nach ihrem Tod etwas von ihnen bleibt – wie zum Beispiel Kinder oder Enkel.
Was hilft gegen die Angst vor dem Tod?
Trotzdem bleiben natürlich Sorgen, denn niemand weiß genau, wann und wie er sterben wird. Eva-Maria Will, Referentin für Trauerpastoral im Erzbistum Köln, gibt allen deswegen den Tipp, sich bewusst mit der Frage nach dem eigenen Tod auseinanderzusetzen.
"Sich das vorzunehmen, also nicht wegzuschieben, sondern vor sich zu setzen und Fragen zuzulassen. Den eigenen Gedanken, Sorgen und Ängsten nachzugehen und sich zu fragen: Was macht mir da eigentlich Angst? Und dann vielleicht auch mit anderen ins Gespräch zu kommen. Ich gehe davon aus, dass das vielen Menschen helfen kann und dass das auch ein Stück der Angst nehmen kann."
Für sie steht fest: "Je mehr Angebote es gibt, darüber zu sprechen, desto besser." Deswegen ist der November als Trauermonat für sie auch eine Chance, das Thema zu platzieren. Auch Gesprächsangebote in Hospizvereinen und Kirchengemeinden findet sie wichtig. Mehr als den eigenen Tod fürchten nach ihrer Erfahrung einige Menschen allerdings den Verlust von An- oder Zugehörigen.
Auch Gesa Branding und Ineke Rockhoff haben die Erfahrung gemacht, dass es Menschen oft hilft, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das gilt nicht nur für Menschen, die sich mit ihrem Tod auseinandersetzen, sondern auch für Trauernde. Deswegen bietet die Meerbuscher Hospizbewegung neben Trauergesprächen auch Trauerspaziergänge und ein Trauercafé an.
"Das Leben mit anderen Augen betrachten"
Und wie ist es mit der Angst vor dem Tod eigentlich bei Menschen, die in ihrem Berufsalltag ständig damit zu tun haben? Für Gesa Branding und Ineke Rockhoff hat sich dadurch jedenfalls einiges verändert. "Ich würde heute wahrscheinlich anders mit vielen Situationen umgehen", erzählt Ineke Rockhoff. Zum Beispiel mit Todesfällen in der eigenen Familie. Aber: "Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich selber betroffen wäre."
Gesa Branding geht es ähnlich. "Ich würde nicht sagen, dass ich nicht Angst hätte, schwer zu erkranken", sagt sie. "Aber ich glaube, die Einstellung und die Haltung, die wir in den letzten Jahren uns angeeignet haben, die hilft uns sehr, das Leben manchmal auch mit anderen Augen zu betrachten."
Und auch Eva-Maria Will hat ähnliche Erfahrungen gemacht. "Wenn man sich jeden Tag Gedanken macht über Fragen des Todes oder des Sterbens und darüber, wie ich mit dem Tod oder mit trauernden Menschen umgehe, hinterlässt das auch bei mir Spuren."