Traurige Weihnachten für Christen in Myanmar

Krisenland versinkt im Bürgerkrieg

In Myanmar eskaliert der Bürgerkrieg. Betroffen von der ausufernden Gewalt sind besonders die christlich geprägten Regionen. Ein Bischof befindet sich auf der Flucht. Kurz vor Weihnachten wird die Not dort immer größer.

Autor/in:
Michael Lenz
Zerstörte Kirche in der Region Kayah in Myanmar am 23. Juli 2022 / © Free Burma Rangers/Michael Lenz/KNA (KNA)
Zerstörte Kirche in der Region Kayah in Myanmar am 23. Juli 2022 / © Free Burma Rangers/Michael Lenz/KNA ( KNA )

Vor einigen Tagen half ein Team der christlichen Free Burma Rangers (FBR) Bürgerkriegsflüchtlingen am Fluss Sittaung, die von Kampfhubschraubern der Luftwaffe Myanmars beschossen wurden. "Trotzdem konnte das Team bei der Geburt eines Babys helfen und erfolgreich Landminen beseitigen", sagt FBR-Gründer David Eubank der Katholische Nachrichten-Agentur (KNA).

Die Flagge Myanmars als Abzeichen auf der Uniform eines Soldaten / © Bumble Dee (shutterstock)
Die Flagge Myanmars als Abzeichen auf der Uniform eines Soldaten / © Bumble Dee ( shutterstock )

Ein bisschen Weihnachtsstimmung

Er fügt klagend hinzu: "In Kayah greift die Luftwaffe Flüchtlingslager, Hospitäler, Kirchen und Schulen an." Dennoch herrsche in den Lagern – neben Angst und Elend – zumindest ein bisschen Weihnachtsstimmung. "Die Kinder üben im Dschungel Weihnachtslieder, obwohl sie alles verloren haben", berichtet Eubank.

250.000 der knapp 400.000 Bewohner des myanmarischen Teilstaates Kayah an der Grenze zu Thailand sind vor den anhaltenden Kämpfen geflohen. Rund 45 Prozent in dem Staat der Karen-Volksgruppe sind Christen. "80.000 leben in Lagern der Kirche", erläutert Celso Ba Shwe, Bischof von Loikaw. 

Lage "hochgefährlich"

Die aktuelle Lage in der Hauptstadt Kayahs beschreibt der Geistliche, der selbst auf der Flucht ist, als "hochgefährlich". Die Armee habe sich auf dem Gelände der Kathedrale verschanzt. Insgesamt seien seit dem Putsch vom Februar 2021 die Einwohner und Priester aus 31 der 41 Gemeinden geflohen.

Myanmar, Rangun: Menschen beten in einem Gottesdienst (Archiv) / © Paul Haring (KNA)
Myanmar, Rangun: Menschen beten in einem Gottesdienst (Archiv) / © Paul Haring ( KNA )

Die ethnischen Minderheiten Myanmars kämpfen seit mehr als sieben Jahrzehnten gegen die politische, militärische und wirtschaftliche Dominanz der Mehrheitsethnie der buddhistischen Birmanen. Aufgrund des hohen Anteils von Christen in einigen Regionen wurden Kirchen und kirchliche Einrichtungen zu Zentren des Widerstands. 

Neu an der aktuellen Situation ist, dass sich auch Birmanen dem Junta-Regime widersetzen und die verschiedenen Widerstandsmilizen immer stärker kooperieren – unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit.

Ausweitung des bewaffneten Widerstands

Am 27. Oktober 2023 startete der bewaffnete Widerstand im Norden des Shan-Staates an der Grenze zu China eine Offensive gegen die Junta. Die hat sich seitdem auf das benachbarte Kayah sowie die Regionen Chin, Rakhine, Kachin und Sagaing ausgeweitet. 

Immer mehr Townships werden Berichten zufolge von Widerstandsgruppen erobert. Laut dem unabhängigen "Institute for Strategy and Policy" in Myanmar ist die Junta nicht mehr in der Lage, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, Steuern einzutreiben und wesentliche öffentliche Dienstleistungen wie Wasser-, Strom- und Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

Humanitäre Not 

Derweil nimmt die humanitäre Not immer dramatischere Ausmaße an. Im jüngsten Lagebericht der Vereinten Nationen heißt es: "Drei Jahre nach der Machtübernahme des Militärs ist die Lage für 2024 düster: Schätzungen zufolge befindet sich nun ein Drittel der Bevölkerung – 18,6 Millionen Menschen – in humanitärer Not." 

6 Millionen Kinder seien wegen Vertreibung, fehlender Gesundheitsversorgung und Bildung, schlechter Ernährungslage in Not geraten. Hinzu komme die ständig drohende Zwangsrekrutierung.

Unterstützung für Vertriebene 

Wie in vielen Teilen Myanmars ist der bewaffnete Widerstand auch im mehrheitlich christlichen Chin-Staat an der Grenze zu Indien auf Erfolgskurs. "Derzeit gibt es keine Luftangriffe", schreibt Lucius Hre Kung, katholischer Bischof von Hahka, in einer E-Mail an die KNA. 

"Aber das kann sich jederzeit ändern. Der Bürgerkrieg geht weiter." Trotz der zahlreichen Probleme seien Caritas-Helfer in der Lage, Vertriebene zu unterstützen. "Aber wenn militärische Operationen stattfinden, muss sich jeder so schnell wie möglich in Sicherheit bringen", so der Bischof.

Keine Probleme mit Weihnachtsgottesdiensten 

Es steht zu befürchten, dass in Chin und Kayah statt Glockengeläut Gewehrfeuer und Bomben durch die Heilige Nacht dröhnen. "Traditionell sind die Weihnachtsfeierlichkeiten im Chin-Staat populär und prächtig. Wegen der politischen Lage wird das Fest diesmal aber anders", stellt Bischof Lucius in Aussicht. 

Mit verhaltener Zuversicht kündigt er an: "In der Weihnachtszeit wird es in den Kirchen und Lagern keine Probleme mit der Feier der Gottesdienste geben." Nach Angaben der Chin-Menschenrechtsorganisation wurden seit dem Putsch allerdings mehr als 90 Kirchen und andere religiöse Gebäude von der Armee zerstört.

Religiöses Leben in Myanmar

Myanmar ist vom Buddhismus geprägt. Ihm hat das lange von der Außenwelt isolierte Land seine größten kulturellen Reichtümer zu verdanken. Geschätzt rund 90 Prozent der Bevölkerung Myanmars sind gläubige Buddhisten. Geht es um Positionen in Verwaltung und Militär, werden buddhistische Bewerber bevorzugt. Im einfachen Volk tief verwurzelt sind zudem Geisterglaube und Sterndeuterei. Dem Christentum gehören nur rund 5 Prozent der Bürger an. Muslime sind zu etwa 4 Prozent vertreten, die meisten von ihnen zählen zur verfolgten ethnischen Minderheit der Rohingya.

Katholische Kirche in Myanmar unter Druck / © Paul Haring (KNA)
Katholische Kirche in Myanmar unter Druck / © Paul Haring ( KNA )

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Quelle:
KNA