Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): Pater Hubka, welchen Stellenwert hat die Beichte heute noch? In vielen Gemeinden bleiben die Beichtstühle ja zunehmend leer...
Pater Hermann-Josef Hubka (Geistlicher Assistent von "Kirche in Not" Deutschland): Das stimmt, regelmäßig beichten nur Menschen, die damit in ihrem langen Leben gute Erfahrungen gemacht haben. Menschen, die mit dem Sakrament nichts anfangen können, kommen kaum. Aber das Leben hat nicht nur schöne Seiten, es ist manchmal auch schwer und belastend oder hat einem einen Streich gespielt. Es gibt Stunden, in denen man auf einmal erkennt, dass es doch gut ist, wenn man mit seinen belastenden Geschichten irgendwo hin kann. Wer in so einer Situation den Weg zur Beichte findet, ist oft positiv überrascht. Die Beichte ist eine gute Möglichkeit, mit den inneren Konflikten, die jeder Mensch hat, fertig zu werden. Er kann alles Belastende ansprechen, es sozusagen beim lieben Gott abliefern, und empfängt dafür seinen Segen.
KNA: Für die Klärung innerer Konflikte kann man auch zum Psychologen oder einem guten Freund gehen. Wo liegt der Unterschied?
Hubka: Psychologen und Therapien haben ihre Berechtigung. Bei der Beichte gibt es aber einen ganz entscheidenden Punkt: die Vergebung. Das berührt vor allem Themen, an die ich sonst gar nicht dran komme - etwa, wenn derjenige, den ich beispielsweise menschlich schwer verletzt habe, nicht mehr lebt oder wenn ich ihn nicht mehr erreichen kann. Gott kommt aber an ihn ran. Ich darf bei der Beichte auch auf die Gnade Gottes und die Dimension der Erlösung vertrauen. Das ist eine ganz andere Geschichte, als wenn ich nur mit menschlicher Kraft drangehe. Denn der Heilige Geist kann im Inneren des Menschen wirken.
KNA: Wenn die Menschen immer weniger in den Beichtstuhl kommen - wie ist denn die Resonanz auf das Beichtmobil?
Hubka: Unterschiedlich. Wenn ich damit vor Wallfahrtskirchen stehe, bildet sich durchaus eine Schlange. Aber es kann auch passieren, dass ich irgendwo stehe, und es laufen Tausende von Leuten vorbei, Hunderte bleiben stehen, und vielleicht zehn fangen ein Gespräch an. Daraus mag sich dann auch mal eine Beichte entwickeln. Aber ein Massenbetrieb ist da nicht zu erwarten.
KNA: Informieren Sie die Menschen, wo Sie mit dem Beichtmobil sein werden, oder lassen Sie sich überraschen, wer sich dann angesprochen fühlt?
Hubka: Manchmal fragen Pfarreien oder Wallfahrtsorte an, oder ich fahre zu Großveranstaltungen. Das Beichtmobil stand auch schon an Autobahnraststätten, am Skilift, oder an anderen touristischen Orten. Manchmal gibt einen Hinweis in der Zeitung. Ich stelle immer ein Schild auf: "Ich habe Zeit für Sie - Gespräch, Seelsorge, Beichte". Die meisten laufen dran vorbei, manche schauen und machen sich drüber lustig und verkünden augenzwinkernd, dass sie eine Diätsünde zu beichten haben. Andere nehmen das durchaus sehr ernst oder sind einfach neugierig. Natürlich haben manche Menschen auch Scheu, mich anzusprechen. Sie laufen erst zwei, dreimal vorbei und schauen sich das erst einmal an. Und dann, wenn niemand guckt, kommen sie rein.
KNA: Warum kommen die Leute denn in das Beichtmobil und beichten nicht bei ihrem Pfarrer vor Ort?
Hubka: Manche Leute möchten das nicht, weil der Pfarrer sie kennt. Deswegen hatte man früher oft einen fremden Beichtvater, der dann wieder ging und den man nicht kannte, so dass es sich leichter sprach. Aus diesem Grund fragen auch heute manchmal Pfarreien unser Beichtmobil an.
KNA: Wollen Sie mit dem Beichtmobil auch die Beichte wieder mehr ins Bewusstsein rücken?
Hubka: Durchaus. In der Kirche spielt sich die Beichte oft in einem etwas verborgenen Beichtstuhl ab; und es kommen hauptsächlich die Beichtprofis. Aber es gibt viele andere Menschen, die die Möglichkeit der Beichte noch gar nicht kennengelernt haben oder die sie nur einmal, in Kindertagen vor der Erstkommunion abgelegt haben - weil sie vielleicht ihren Bruder gehauen oder die Mutter angelogen haben. Im Erwachsenenalter kann die Beichte helfen, wirklich Belastendes Gott zu übergeben.
KNA: Der Begriff "Beichte" lässt dennoch manchen zusammenzucken...
Hubka: Die Beichte hat in der Tat für manche einen Beigeschmack. Gerade ältere Menschen haben den Beichtvater in ihrer Kindheit als sehr streng erlebt, sie wurden ausgeschimpft gingen nicht gerne dorthin. Ich kann gut verstehen, dass man dann als Erwachsener, ohne Druck, bewusst der Beichte fernbleibt. Für ältere Menschen kann die Beichte deshalb eine Möglichkeit sein, das aufzuarbeiten und eine positivere Erfahrung zu machen. Manche Menschen sagen mir auch, dass sie - wenn sie sich nach vielen Jahren oder Jahrzehnten wieder zur Beichte aufgerafft haben - angenehm überrascht sind von der verständnisvollen Atmosphäre.
KNA: Erleben sie in der Fastenzeit und in der Karwoche einen besonderen Zulauf zur Beichte?
Hubka: Bei uns im Wallfahrtsort Waghäusel, wo ich sonst lebe, nutzen viele Pilger die Beichtangebote. Und vor Feiertagen wie Weihnachten gibt es eine vermehrte Anfrage. Auch an Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag ist richtig schwer was los.
KNA: Wie gehen Sie mit den Beichten um? Bekommen Sie als Beichtvater nicht auch mal starken Tobak zu hören?
Hubka: Oft kommen fromme Leute, die ihr geistliches Leben noch intensivieren möchten. Aber es kommen auch Menschen mit schweren Schicksalen, vor denen auch ich erschrecke. Da ist es ein Trost zu wissen, dass Gott auch in solchen Dramen allen beisteht.
KNA: Was ist denn heute anderes als früher bei einer Beichte?
Hubka: Die Themen sind zeitlos. Aber der äußere Ablauf hat sich verändert, neben dem Beichtstuhl wird auch das Beichtgespräch im Beichtzimmer gerne angenommen. Pfarrer gehen heutzutage meist viel sensibler mit den Menschen um. Schon die Hinführung zur Beichte geschieht viel vorsichtiger. Die strenge, strafende Atmosphäre findet man heute kaum noch, sie ist in den Hintergrund getreten. Stattdessen steht die Stärkung im Vordergrund und das Erleben der Güte und befreienden Kraft Gottes.
Das Interview führte Angelika Prauß.