Über die Folgen der Datenschutzverordnung für Gemeinden

"Traditionelle Kommunikation reicht nicht mehr aus"

Viele Gemeinden sind beim Thema Datenschutz nicht gut aufgestellt, sagt Stephan Nußbaum vom "ChurchDesk" im Interview. Sie müssten sich Hilfe holen – gerade um auch junge Menschen zu erreichen.

Datenschutz / © Patrick Pleul (dpa)
Datenschutz / © Patrick Pleul ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was genau ist "ChurchDesk"? Übersetzt heißt da etwa "Kirchen-Schreibtisch", oder?

Stephan Nußbaum (Countrymanager für Deutschland bei ChurchDesk): Der ursprüngliche Name war "Kirke-data" aus dem Dänischen. Wir haben uns dann aber "ChurchDesk" genannt, weil wir international arbeiten. Was wir machen ist kurz zusammengefasst: Wir helfen den Gemeinden und den Kirchen  ihre Daten so zu strukturieren, dass neben der traditionellen Kommunikation eine aktive Ansprache an die Gemeinden rausgehen kann und dass man mit diesen Daten auch das Gemeindeleben wieder aktiv gestalten kann. 

DOMRADIO.DE: Und welche Erfahrungen machen Sie da konkret mit der neuen EU-Datenschutzverordnung?

Nußbaum: Klar ist, dass viele Gemeinden für das Thema Datenschutzverordnung nicht aufgestellt sind. Es fehlt an klaren Verantwortlichkeiten. Oft ist das Bewusstsein beim Personal oder bei den Ehrenamtlichen gar nicht da. Und zu guter Letzt spielt natürlich auch der demografische Wandel in den Gemeinden eine starke Rolle. Es kommen leider nicht genug junge Menschen, die sich mit der Kommunikation 4.0 und dem Datenschutz auskennen.

DOMRADIO.DE: Können Sie konkretisieren, welche Probleme dann in der kirchlichen Kommunikation auftauchen?

Nußbaum: Na, so ein Klassiker ist, der Sohn der Pastorin hat die Webseite erstellt, ging dann zum Studium woandershin und die Webseite bleibt einfach auf dem Stand, wie sie war und wird nicht mehr gepflegt. Das ist tatsächlich ein Klassiker, den wir regelmäßig vorfinden.

DOMRADIO.DE: Aber was macht man dann, wenn diese Menschen gerade nicht mehr greifbar sind?

Nußbaum: Das ist genau die Frage. Und deswegen sage ich immer, dass man seine Gemeinde aktiv ansprechen muss und sich auch Hilfe holen muss. Es gibt neben uns auch viele Partner, die einem helfen. Aber das Bewusstsein muss erst mal vordringen, dass eine Webseite die Visitenkarte der Gemeinde ist. Und dass die Kommunikation, die wir traditionell aus den Kirchen kennen, heute nicht mehr ausreicht, um gerade auch junge Menschen zu erreichen. Und da muss man sich auch einfach die Leute, die sich damit auskennen, an Bord holen.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist es aber aktuell tatsächlich so, dass zum Beispiel Mitarbeiter des Bistums Rottenburg-Stuttgart aus Angst nicht mehr einfach E-Mails an Menschen außerhalb der Institutionen verschicken oder das Bistum Freiburg vorerst keine Gottesdienste mehr im Internet überträgt. Die Kommunikation liegt tatsächlich ein bisschen brach, oder?

Nußbaum: Das stimmt und das liegt meines Erachtens nach daran, dass sich die Gemeinden nicht genug mit der Datenschutzgrundverordnung auseinandergesetzt haben. Denn die Kommunikation ist ja nicht verboten. Es gibt nur bestimmte Dinge, die auch früher schon zu beachten waren, über die jetzt einfach mehr gesprochen wird.

Ganz offen gesprochen: Es haben sehr viele Gemeinden versucht, sich hervorragend vorzubereiten, fühlten sich aber auch ein bisschen von oben alleine gelassen. Diese Gesetzestexte zu lesen, zu verstehen und dann auch quasi in unsere "normale" Sprache zu übersetzen – das ist nicht immer einfach.

Das Gespräch führte Verena Tröster.


Quelle:
DR
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