Von jungen Leute und der "Alten Messe"

Überraschender Zulauf

Regelmäßige Besucher der "Alten Messe" haben es schon länger beobachtet: Junge Erwachsene und Familien sind dort deutlich stärker vertreten als in Messen der ordentlichen Form. Eine internationale Studie untermauert das nun.

Autor/in:
Andreas Laska
Messe nach dem alten Ritus (Archiv) (KNA)
Messe nach dem alten Ritus (Archiv) / ( KNA )

"Die Verbindung der außerordentlichen Form mit jungen Menschen und Familien ist weder ein Mythos noch auf einige Länder begrenzt." Das schreibt Joseph Shaw in der Januar-Ausgabe der US-amerikanischen Fachzeitschrift "Homiletic and Pastoral Review".

Der Oxforder Philosoph ist Sekretär der Una-Voce-Vereinigung (FIUV), die sich der Erhaltung und Pflege der Messe in der außerordentlichen Form verschrieben hat.

Deutliche Trends

In seiner Analyse stützt sich Shaw auf Daten aus 362 Diözesen in 52 Ländern - erhoben im vergangenen Jahr durch die FUIV selbst. Kurz vor Weihnachten wurden sie an die Glaubenskongregation in Rom übermittelt. Zwar sind die Ergebnisse aufgrund der gewählten Methode weder repräsentativ noch quantitativ auswertbar, sie zeigen aber laut Shaw deutliche Trends.

Neben dem jüngeren Durchschnittsalter der Messbesucher im außerordentlichen Ritus gilt dies auch für die Verteilung der Geschlechter sowie die Zugehörigkeit zu ethnischen Gruppen. Demnach wird die "Alte Messe", anders als die ordentliche Form, von mehr Männern als Frauen besucht (55 Prozent). Auch zieht der vorkonziliare Ritus laut Shaw "eine große Bandbreite ethischer und sprachlicher Gruppen" an.

Ist die "Alte Messe" also - wie der Artikel zwischen den Zeilen suggeriert - attraktiver als die ordentliche Form, vor allem für junge Menschen? Der Liturgiewissenschaftler Albert Gerhards ist da skeptisch. "Die Fans der außerordentlichen Form sind aufs Ganze gesehen nur eine sehr kleine Gruppe", betont der emeritierte Professor gegenüber der ID-Redaktion.

Die "Alte Messe" sei ein "ein Heiliges Spiel, das in sich stimmig ist". Hinzu komme eine wichtige ästhetische Komponente. "Wenn sich jemand in dieser Form gut aufgehoben fühlt, wenn er daraus spirituellen Gewinn zieht, warum sollte er dann nicht diese Gottesdienste besuchen?", so der Geistliche. Problematischer sei das prä-konziliare Kirchenbild, das viele Anhänger der außerordentlichen Form vertreten. "Da stellt sich mir dann schon die Frage: Wollen wir dahin zurück?"

Beispiel Messdienerarbeit

Dass junge Familien in "Alten Messen" deutlich stärker repräsentiert sind, sollte laut Gerhards vor allem den Kirchengemeinden zu denken geben. Gerade jetzt in der Corona-Krise werde vielerorts deutlich, wie wenig Gemeinden tun, um diese Zielgruppe anzusprechen. Natürlich gebe es ausgezeichnete Initiativen, "aber viele sind in dieser Hinsicht einfach abgetaucht".

Als Beispiel nennt der Liturgiewissenschaftler die Messdienerarbeit. "In vielen Gemeinden wurden die Messdiener in der Corona-Krise einfach abgeschafft." Junge Leute mit einem Hygieneschutzkonzept dennoch in die Messen zu integrieren, sei vielen Gemeinden offensichtlich zu viel Arbeit gewesen. "Das beobachte ich mit großer Besorgnis", betont Gerhards, zumal die Messdienerarbeit oftmals ohnehin das letzte Relikt kirchlicher Jugendarbeit gewesen sei.

Und noch etwas stellt der Liturgiker heraus: Die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil übliche Form der Messfeier setzt in starkem Maß auf die Eigenverantwortlichkeit aller Beteiligten. "Damit aber sind viele schlicht überfordert." Das habe dann zu so mancher liturgischen Entgleisung geführt. "So hat die Liturgiereform in der Praxis die Säkularisierung verstärkt - auch wenn das natürlich nie ihr Ziel war."

Fans der "Alten Messe" seien demgegenüber oft Menschen, denen Reglementierungen wichtiger sind als Gestaltungsspielräume. Viele würden sich deshalb auch von traditionalistischen Bewegungen angezogen fühlen. Mit liturgischen Experimenten könnten sie folglich nichts anfangen.

Generell rät Gerhards von kirchenpolitischen Zuspitzungen bei diesem Thema ab. Auch außerhalb der "Alte-Messe-Szene" gebe es sehr lebendige Gemeinden, die entsprechend auch attraktiv für junge Familien seien. "Es geht also weniger um alt oder nicht, sondern vor allem um gut oder schlecht", resümiert der Wissenschaftler.


Referent Professor em. Albert Gerhards   / © Beatrice Tomasetti (DR)
Referent Professor em. Albert Gerhards / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA
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