Ukraine wirft orthodoxe Kirche aus Kiewer Höhlenkloster

"Eine Laune von Beamten"

Die ukrainische Regierung verbannt die lange dem Moskauer Patriarchat unterstehende orthodoxe Kirche des Landes aus ihrem Hauptheiligtum, dem Höhlenkloster. Diese kritisiert, das Kündigungsschreiben verletze gesetzliche Vorschriften.

Absperrband vor dem Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats / © Sergey Korovayny (KNA)
Absperrband vor dem Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats / © Sergey Korovayny ( KNA )

Die staatliche Behörde für das Kloster habe den Nutzungsvertrag zum 29. März gekündigt, teilte die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK) auf ihrer Internetseite mit. Bis dahin müsse sie das Kloster verlassen.

In der "Uspenski Kyjiwer Petscherska Lawra" (Mariä-Entschlafens-Höhlenkloster zu Kiew) haben unter anderem die Kirchenleitung mit Oberhaupt Metropolit Onufri und die Theologische Akademie ihren Sitz. Als Grund für die Kündigung habe die Behörde nicht näher beschriebene Verstöße gegen den Nutzungsvertrag angeführt, so die Kirche. Sie sprach von einem "Ultimatum". Das Kündigungsschreiben verletze gesetzliche Vorschriften grob.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )

Kirche sagte sich nach Kriegsbeginn vom Moskauer Patriarchat los

"Der einzige Grund für den Rauswurf der Mönche aus dem orthodoxen Heiligtum ist eine Laune von Beamten des Ministeriums, genau wie unter den sowjetischen Behörden in den 1960er Jahren", protestierte die Kirche. Sie hatte 2013 unter dem damaligen Staatspräsiden Viktor Janukowitsch einen unbefristeten Nutzungsvertrag für das Höhlenkloster geschlossen.

In der Ukraine gibt es zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen. Die Regierung unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Sie ging aus zwei Konfessionen hervor, die sich bereits vor Jahrzehnten vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten. Die UOK sagte sich erst im Mai 2022, nach Kriegsbeginn, vom Moskauer Patriarchat los.

Regierung wirft Kirche Kollaboration mit Russland vor

Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj und seine Regierung beschuldigen die UOK seit Monaten, weiter mit Moskau zu kollaborieren. Ukrainische Gerichte verurteilten mehrere Priester der Kirche zu hohen Haftstrafen, unter anderem wegen Spionage für Russland. Insgesamt eröffnete die Ukraine Strafverfahren gegen etwa 60 Geistliche der UOK. Selenskyj erkannte mehreren ihrer Bischöfe die ukrainische Staatsangehörigkeit ab. Die meisten von ihnen arbeiten in von Russland besetzten ukrainischen Regionen.

Das Kiewer Höhlenkloster aus dem 11. Jahrhundert gilt als die Wiege der ostslawischen Orthodoxie. Der 23 Hektar große Klosterkomplex mit rund 140 Gebäuden trägt den Ehrentitel "Lawra", wie insgesamt nur drei Abteien in der Ukraine. Nur zwei weitere Klöster in Russland haben diesen Titel. Die Unesco nahm das Kiewer Höhlenkloster 1990 in ihre Liste des Welterbes auf. In den Höhlen des Klosters befinden sich Reliquien von mehr als 120 Heiligen.

Quelle:
KNA