Der römisch-katholische Hauptstadt-Bischof der Ukraine befürchtet den Einzug von Priestern zum Fronteinsatz im Krieg gegen Russland.
"Die ukrainischen Behörden sind sehr säkular eingestellt", sagte Witalij Krywyzkyj, Bischof von Kiew-Schytomyr, nach Angaben des päpstlichen Hilfswerks "Kirche in Not" vom Montag aus München. Der Bischof ergänzte demnach: "Sie könnten sich für die extreme Lösung entscheiden, auch Priester unterschiedslos einzuziehen." Weite Teile der ukrainischen Gesellschaft lehnten dies zwar ab, aber die anhaltend schwierige militärische Lage könnte dennoch dazu führen.
Mit Blick auf den bevorstehenden dritten Kriegswinter ergänzte Krywyzkyj: "Unsere Ressourcen schwinden." 80 Prozent des ukrainischen Stromnetzes seien zerstört, Generatoren und andere Einrichtungen in kirchlichen Suppenküchen und Unterkünften zeigten Verschleißerscheinungen.
"Geistliche Erste Hilfe" an der Front
Die 70 Priester seines Bistums seien seit Beginn des russischen Überfalls im Februar 2022 ausnahmslos an ihrem Posten geblieben, so der Bischof weiter. Er hatte ihnen freigestellt, aus Sicherheitsgründen die Region zu verlassen. "Unsere Priester erweitern ihre Seelsorge um das soziale Engagement, das einen immer höheren Stellenwert einnimmt."
Die Pfarreien seien Zufluchtsorte für Flüchtlinge; Keller in Gemeindezentren und Unterkirchen dienten als Schutzräume. "Ich will, dass unsere Pfarreien Zitadellen sind, auf die der Krieg keinen Einfluss hat. Es sollen Orte sein, an denen die Menschen es warm haben und geschützt sind, aber an denen sie auch Trost finden können", sagte der Bischof. Es gebe auch Seelsorger, die freiwillig im Frontgebiet Soldaten betreuten. Nach Vorbild des Sanitätsdienstes sollten sie eine "geistliche Erste Hilfe" sein, erklärte Krywyzkyj. Dazu stelle seine Diözese Bibeln und Rosenkränze zur Verfügung. Diese seien für viele Soldaten eine Art "geistliches Notfallset".