DOMRADIO.DE: Mehr Beteiligung der Basis, mehr Dezentralisierung, mehr Transparenz – das hat die Synode in etwa festgeschrieben. Beim Thema Frauendiakonat bleibt jedoch vieles eher vage. Wie ist Ihre Gefühlslage nach Abschluss der Synode?
Pfarrer Dr. Thomas Schwartz (Hauptgeschäftsführer des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis): Ich hatte mir vor vier Wochen so eine Art Kriterienkatalog erstellt, anhand dessen ich beurteilen wollte, ob die Synode wirklich ein Erfolg sein könnte. Dabei habe ich die Themen aufgenommen, die Sie gerade angesprochen haben: Transparenz, Rechenschaftspflicht, die Beteiligung der Menschen an Entscheidungsprozessen der Kirche von Anfang bis Ende. Und wenn ich das betrachte, dann kann ich sagen: Ja, das ist ein Erfolg.
Natürlich gibt es beim Thema Frauenbeteiligung gemischte Gefühle, da noch immer viele Hindernisse bestehen und es auch in Deutschland nicht ideal läuft. Was mich aber hoffnungsvoll stimmt, ist die Entscheidung der Synode, die Frage des Frauendiakonats offen zu lassen und nicht abzuschließen. Das mag einige, die das Thema lieber beendet gesehen hätten, beunruhigen – für mich aber ist es ein Zeichen der Hoffnung.
DOMRADIO.DE: Es hieß, Frauen sollen mehr Einfluss bekommen und alle rechtlich möglichen Mittel müssten genutzt werden. Die Zulassung zu Weiheämtern bleibt jedoch offen. Hatten Sie in dieser Frage mehr erwartet?
Schwartz: Ja, ich denke, viele hatten sich mehr erhofft. Aber wenn man bedenkt, dass wir auf der Synode Menschen aus der ganzen Welt und aus so vielen verschiedenen Kulturen und Kontexten mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen zur Rolle von Frauen, Männern, Priestern und Bischöfen kennengelernt haben, dann kann ich sagen, dass der Beschluss von drei Vierteln der Synodalen, das Thema nicht als abgeschlossen zu erklären, für mich ein Erfolg ist.
Vor allem die Möglichkeit, dass in bestimmten Regionen eigene Wege im Umgang mit dem Thema entwickelt werden können, ist ein positives Signal. Natürlich reicht das nicht und ich weiß, dass dies viele, vor allem Frauen, die sich berufen fühlen, enttäuscht sind. Diese Enttäuschung ist mir schmerzlich bewusst und ich nehme das sehr ernst.
DOMRADIO.DE: Vier Wochen lang haben Sie in der Synodenaula in Rom mitdiskutiert und beraten. Und das nicht nur dort. Es gab auch Vier-Augen-Gespräche in einer Bar im Vatikan, von denen Sie erzählt haben. Wie haben Sie die Gespräche und die Atmosphäre insgesamt empfunden?
Schwartz: Vorheriges Jahr haben wir uns noch alle gegenseitig "abgetastet". Das war freundlich, aber eher distanziert. Dieses Jahr war es freundschaftlich und vertrauensvoll. Das zeigte sich besonders dann, wenn man unterschiedlicher Meinung war. Gerade bei den abendlichen Treffen bei einem Teller Pasta oder Saltimbocca alla romana wurde klar, dass die Unterschiede groß sind, uns aber nicht daran hindern, den anderen als Bruder oder Schwester, als Mitkatholik oder Mitkatholikin zu sehen.
Diese Vielfalt lässt sich genießen und es wächst echte Freude am Glauben daraus. Wenn ich eines mitnehme, dann eine Art "Spiritualität des Trotzdem": Trotzdem du so unterschiedlich denkst, so unterschiedlich bist, bist du meine Schwester, mein Bruder. Was gibt es Schöneres?
DOMRADIO.DE: Sie haben viel Energie in diese Synode investiert, unter anderem auch einen eigenen Synodenblog geschrieben. Das war alles ganz schön anstrengend, haben Sie einmal gesagt. Hat sich der ganze Aufwand gelohnt?
Schwartz: Ja, ich bin jetzt wirklich ziemlich müde. Aber die Arbeit geht direkt weiter. In Deutschland warten viele Verpflichtungen auf mich. Ich denke, es hat sich gelohnt, nicht nur wegen der vielen Vernetzungen, die entstanden sind, sondern auch weil ich gemerkt habe, wie wir bei aller Unterschiedlichkeit konstruktiv miteinander umgehen können.
Der Papst hat in seinem Schlusswort gesagt, dass er Synodalität ernst nimmt und er die Beschlüsse so, wie sie formuliert und beschlossen worden sind, bestätigt und approbiert. Es wird also kein nachsynodales Schreiben mehr geben. Das, was wir beschlossen haben, gilt. Das hat viele von uns gefreut – auch wenn es einige überrascht oder gar erschreckt hat.
DOMRADIO.DE: Nun fragen sich viele, wie es nach der Weltsynode weitergeht? Welche Themen werden besprochen und wie bleibt man im Austausch?
Schwartz: Jetzt gilt es, das, was wir besprochen haben, weiterzutragen und umzusetzen. Es ist wichtig, dass Bischöfe und alle, die an synodalen Prozessen beteiligt sind, Mut haben, Synodalität nicht nur als Methode, sondern als Lebensform der Kirche zu verstehen. Nur so können wir gemeinsam als Kirche Entscheidungen treffen, die der Welt und den Menschen, die nach der Frohen Botschaft hungern und dürsten, etwas bringen. Oft wird sie ihnen präsentiert und sie erhalten davon zu wenig. Wenn wir diesen synodalen Weg mutig beschreiten, wird das auch bei uns ein Erfolg.
Das Interview führte Carsten Döpp.