Ukrainischer Botschafter beim Vatikan kritisiert Papst

Russland und Ukraine nicht auf einer Stufe

Der Papst rief zu Frieden zwischen Russland und der Ukraine auf, deren Krieg nunmehr seit sechs Monaten anhält. Der ukrainische Botschafter beim Vatikan, Jurasch, krisiert, dass Franziskus Russland nicht als Aggressor benannte.

Papst Franziskus im Gespräch mit Andrij Jurasch, Botschafter der Ukraine beim Heiligen Stuhl, 07.04.2022 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus im Gespräch mit Andrij Jurasch, Botschafter der Ukraine beim Heiligen Stuhl, 07.04.2022 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Sechs Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl jüngste Aussagen von Papst Franziskus zum Krieg kritisiert. Es sei nicht angemessen, die Ukraine und Russland in dieser Situation auf eine Stufe zu stellen, sagte Andrij Jurasch unmittelbar nach der Generalaudienz am Mittwoch in Rom.

Kritik an Bedauern des Tods von Dugina

Nicht die Ukraine habe Russland angegriffen, sondern Tausende russische Soldaten hätten unschuldige ukrainische Zivilisten ermordet, fügte der Diplomat des osteuropäischen Landes hinzu. Zum Tod der moskautreuen russischen Berichterstatterin Darja Dugina sagte Jurasch, sie sei kein unschuldiges Opfer, sondern eine aktive Befürworterin des russischen Krieges gewesen.

Franziskus hatte zuvor erneut zum Frieden zwischen Russland und der Ukraine aufgerufen, ohne Russland als Angreifer zu nennen. Er denke an die vielen Gefangenen, die Toten, die Geflüchteten und Verletzten sowie an die Kinder in der Ukraine und in Russland. Die Unschuldigen bezahlten für den auf beiden Seiten vorhandenen Wahnsinn des Krieges, so der Papst weiter. Er erwähnte auch das Schicksal der Kriegsbefürworterin Dugina, ohne ihren Namen zu nennen. Sie war am Samstag bei einem Anschlag getötet worden. Franziskus nannte sie eine arme junge Frau, die in Moskau im Auto von einer Bombe in die Luft gejagt wurde.

Papst in der Ukraine immer willkommen

Zu Spekulationen über einen möglichen Papstbesuch in der Ukraine betonte der Botschafter, der Pontifex sei jederzeit willkommen. Jeder Besuch im Land helfe, die tatsächliche Lage besser zu verstehen. Jurasch erinnerte an den Ukraine-Besuch des luxemburgischen Premiers Xavier Bettel Ende Juni. Bettel habe zunächst mit beiden Seiten sprechen wollen. Aber nachdem er das Ausmaß der russischen Aggression mit eigenen Augen gesehen gehabt habe, habe er seinen Standpunkt geändert.

Jurasch war bei der Generalaudienz mit zahlreichen ukrainischen Pilgern und Geistlichen anwesend, wurde jedoch vom Papst nicht angesprochen. Franziskus erwähnte hingegen die an der Audienz teilnehmenden Gruppen ukrainischer Flüchtlinge. Einige von ihnen hielten bei den Worten des Papstes ukrainische Flaggen hoch.

Ukraine feiert im Schatten des Krieges Tag der Unabhängigkeit

Im Schatten des seit einem halben Jahr andauernden russischen Angriffskriegs begeht die Ukraine am 24. August ihren Nationalfeiertag. Der Unabhängigkeitstag sei ein wichtiges Datum für die Ukrainer und Ukrainerinnen - "und damit leider auch für unseren Feind", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. In Kiew herrschte Nervosität wegen befürchteter russischer Raketenangriffe auf große Städte. Selenskyj rief die Bevölkerung auf, sich an die Ausgangssperren zu halten und bei Luftalarm in Sicherheit zu bringen. "Denkt daran, wir sollen alle gemeinsam den Sieg erleben", sagte er.

Frauen tragen ukrainische Fahnen während der wöchentlichen Generalaudienz des Papstes / © Gregorio Borgia (dpa)
Frauen tragen ukrainische Fahnen während der wöchentlichen Generalaudienz des Papstes / © Gregorio Borgia ( dpa )
Quelle:
KNA