Sie ist wie eine alte Schlange, die sich immer wieder häutet, aber nicht stirbt. "Sklaverei ist nur scheinbar tot", schreibt der Kölner Historiker Michael Zeuske in seiner im Frühjahr erschienenen "Menschheitsgeschichte" der Sklaverei. Nur die Form verändert sich: Statt der großen und rechtlich verankerten gebe es mittlerweile die illegale, meist getarnte Sklaverei.
Moderne Sklaverei
Früher waren es die Sklaven auf den Baumwollplantagen der USA, die Kindersklaven in China oder "Hofmohren" in Preußen. Heute sind es ausgebeutete Billiglöhner, Zwangsprostituierte und Kindersoldaten. Wieviele Sklaven es aktuell gibt, ist nicht zuletzt eine Frage der Definition: Auf mehr als 21 Millionen schätzt die UNO die Zahl der Menschen, die in sklavereiähnlichen Arbeitsverhältnissen leben müssen. Laut Zeuske gibt es heutzutage mehr Versklavte als je zuvor.
Zwar besteht aktuell weltweit kein staatliches Recht mehr, das Sklaverei für legitim erklärt. Dennoch hat der "Internationale Tag der Erinnerung an Sklavenhandel und dessen Abschaffung", der jeweils am 23. August begangen wird, auch sehr aktuelle Bezüge. Sogar in Europa.
Billige Arbeitskräfte und Sexsklaven
Im April erst warnte der Europarat, dass Menschenhandel und Sklavenarbeit vor der Haustür auf dem Vormarsch seien. Menschenhandel mit dem Ziel, billige Arbeitskräfte auszubeuten, habe etwa in Belgien, Großbritannien und Portugal die sexuelle Ausbeutung als drängendstes Problem abgelöst.
Zeuske betont in seiner Globalgeschichte, dass es Sklaverei schon seit den Anfängen der Menschheitsgeschichte gab. Ob bei Ägyptern und Römern, ob bei Mayas, Azteken, Arabern oder in den USA: Die Versklavung trieb wie ein Motor aus menschlichen Körpern Wirtschaft und Reichtum an.
Das Wort "Sklave" ist verwandt mit "Slawe" und stammt aus dem Mittelalter, als viele Menschen aus Osteuropa verschleppt wurden - vor allem in die islamische Welt. Auch die afrikanischen Gesellschaften wurden seit dem siebten Jahrhundert von immer neuen Raubzügen arabischer Menschenhändler heimgesucht. Unterstützung bei ihren "Razzien" erhielten sie von afrikanischen Stammesfürsten.
Mit Europas Kolonialismus entwickelte sich ab dem 16. Jahrhundert der transatlantische Sklavenhandel. Im Dreieckshandel fuhren Schiffe mit Waren an die Küste Westafrikas, um sie dort gegen Menschen einzutauschen. Diese wurden in Amerika verkauft. Von dort aus fuhren Schiffe zurück nach Europa, beladen mit Produkten wie Zucker, Kaffee oder Baumwolle.
Die Europäer, so Zeuske, blieben dabei "immer Juniorpartner islamischer und afrikanischer Sklavenhandelseliten". Sie seien "Lehrmeister der Europäer in Bezug auf die Kapitalisierung der Körper" gewesen.
Deutscher Sklavenhandel
Auch Deutsche waren beteiligt: 1682 gründete der Große Kurfürst die Afrikanische Compagnie, um mit einer kleinen Flotte in das Sklavengeschäft einzusteigen. Rund 25.000 Sklaven wurden erworben. Insgesamt, so der Wissenschaftler, hatte Afrika im Lauf von zwei Jahrtausenden wohl am stärksten unter der Sklaverei zu leiden.
Die meisten Opfer gehen laut seinem Buch auf das Konto innerafrikanischer Menschenjagden, an zweiter Stelle steht mit etwa 17 Millionen Opfern der "Menschenexport" in die Sultanenreiche Nordafrikas und Kleinasiens. Vom transatlantischen Sklavenhandel waren etwa elf Millionen Menschen betroffen.
Umfassendes Verbot seit 1833
Dass solche Sklaverei letztlich abgeschafft wurde, hatte unterschiedliche Gründe: Im nördlichen Amerika waren es vor allem Christen, die sich aus religiösen Gründen für ein Ende einsetzten. Andere argumentierten, dass es sich finanziell nicht mehr lohne, Sklaven zu halten. 1807 verbot Großbritannien zunächst nur den Handel; 1833 trat ein umfassendes Verbotsgesetz in Kraft. Die USA erklärten Sklaverei nach dem Bürgerkrieg 1865 für verfassungswidrig.
Mit dem Sklavereiabkommen des Völkerbunds von 1926 und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 wurde die internationale Norm völkerrechtlich festgeschrieben. Der erfolgreichste Sklavenaufstand fand in der französischen Kolonie Saint Domingue statt und mündete 1804 in die Gründung einer unabhängigen Republik: Haiti. Der UN-Tag der Erinnerung an Sklavenhandel orientiert sich am Beginn dieses Aufstands, dem 23. August 1791.