Nach monatelangen Verhandlungen hat sich die internationale Gemeinschaft auf einen verbindlichen Plan zur Befriedung des Syrien-Konflikts geeinigt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) verabschiedete am Freitagabend in New York einstimmig eine entsprechende Resolution. Diese sieht unter anderem vor, dass bereits im Januar Friedensgespräche zwischen Präsident Baschar al-Assad und der Opposition beginnen sollen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte die Entscheidung des Sicherheitsrats eine große Chance für das Bürgerkriegsland. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor zu viel Euphorie.
Vorherige UN-Resolutionen hatten sich mit humanitären Fragen befasst oder waren am Veto Russlands und Chinas gescheitert. Der nun festgezurrte Friedensplan sieht neben den Gesprächen der Konfliktparteien die Bildung einer Übergangsregierung innerhalb eines halben Jahres sowie freie Wahlen und eine neue Verfassung in 18 Monaten vor. Ausgearbeitet worden war er im Oktober und November auf zwei Konferenzen in Wien von den Außenministern der 17 Staaten umfassenden Syrien-Kontaktgruppe. Diese hatten am Freitag vor der Abstimmung im Sicherheitsrat um den Resolutionstext gerungen.
Unklare Zukunft für Assad
Bundesaußenminister Steinmeier bezeichnete die Einigung auf einen Resolutionsentwurf als "schwere Geburt". Zeitweise war offen gewesen, ob es überhaupt zu einer Resolution kommt. Die Gespräche zwischen Vertretern des Assad-Regimes und der Opposition sollen dem SPD-Politiker aber nun "in der zweiten Hälfte des Januar beginnen".
Unklar blieb die Zukunft des syrischen Präsidenten. Sie ist im Text der Resolution mit keinem Wort erwähnt. Russland und der Iran - Assads wichtigste Schutzmächte - stehen fest zu Assad. Andere Länder wie die USA fordern seinen Rücktritt.
"Es bleiben offensichtlich große Differenzen innerhalb der internationalen Gemeinschaft, insbesondere über die Zukunft von Präsident Assad", sagte US-Außenminister John Kerry nach der Verabschiedung der Resolution. Er sagte aber auch, dass er eine neue Chance für eine militärische Zusammenarbeit mit Russland im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sehe. "Die Tür ist jetzt deutlich weiter offen", sagte Kerry.
Im syrischen Bürgerkrieg sind nach UN-Angaben seit 2011 mehr als 250 000 Menschen ums Leben gekommen. Die Resolution verlangt ein sofortiges Ende der Gewalt gegen Zivilisten - was ohnehin Teil der UN-Charta ist.
Die Welt darf nicht weiter zusehen
"Die Welt darf nicht weiter zusehen, wie das syrische Volk leidet", sagte Kerry. "Jeder 20. Syrer ist tot oder verwundet, jeder fünfte auf der Flucht, und die Lebenserwartung sank um 20 Jahre." Der Friedensfahrplan und die politische Beteiligung des Volkes sei zugleich die beste Waffe im Kampf gegen den IS. Sein russischer Kollege Sergej Lawrow sagte, erstes Ziel müsse es sein, das Leid des syrischen Volkes zu beenden. "Und Syrien muss ein vereinigter, multikultureller, multireligiöser und säkularer Staat sein." Am Verhandlungstisch werde es "keinen Platz für Terroristen geben".
Neben der Rolle Assads ist auch strittig, welche Milizen aufseiten der Opposition an den Gesprächen mit dem Assad-Regime teilnehmen dürfen. Dazu muss sich auf eine "rote Liste" aus Gruppierungen verständigt werden, die als terroristisch eingestuft werden. "Wir sind uns gewiss, das 2016 nicht einfacher werden wird", sagte Steinmeier. "Uns muss bewusst sein, dass wir, wenn es um Details geht, auch Rückschläge erleben werden." Angesichts der Lage in Syrien sei jedoch "jeder Aufwand lohnend".
UN-Generalsekretär soll Waffenstillstand aushandeln
UN-Generalsekretär Ban wird in der Resolution vom Freitag aufgefordert, über seinen Sondergesandten Staffan de Mistura einen landesweiten Waffenstillstand auszuhandeln. Alle UN-Staaten sollen Druck auf die mit ihnen verbündeten Gruppen ausüben, damit ein solcher Waffenstillstand zu Stande kommt und auch eingehalten wird. Ban wird aufgefordert, innerhalb eines Monats einen Plan vorzulegen, wie der Waffenstillstand durchgesetzt werden kann. Dann könnten auch Bedingungen geschaffen werden, damit Millionen von Flüchtlingen in das Land zurückkehren könnten.
Linken-Chef Bernd Riexinger begrüßte, dass nach fast fünf Jahren nun endlich konkrete Schritte zu Friedensverhandlungen in Syrien unternommen wurden. Die Bundesregierung rief er auf, daher "nun unverzüglich den mit aller Gewalt und Hektik durchgedrückten Kriegseinsatz der Bundeswehr" zu stoppen. Die Bundeswehr unterstützt die internationale Anti-IS-Koalition unter anderem mit einem Tankflugzeug. Ab Januar sind Aufklärungsflüge über Syrien geplant.