Historiker Leppin: Rassismus widerspricht dem Evangelium

"Unabhängig von Herkunft und Hautfarbe"

Klischeehafte oder diskriminierende Darstellungen der Heiligen Drei Könige gehören nach Einschätzung des Historikers Volker Leppin nicht in Weihnachtskrippen. Eine Krippe im Ulmer Münster hatte zuletzt für Diskussionen gesorgt.

Eine Weihnachtskrippe / © Buffy1982 (shutterstock)

"Rassismus widerspricht glasklar dem Evangelium", sagte Leppin im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Freitag. Die drei Könige stünden seit der Spätantike für die drei damals bekannten Kontinente und damit als Zeichen dafür, "dass sich die Heilsbotschaft an alle Menschen unabhängig von Herkunft und Hautfarbe richtet".

Ulmer Münster als "Extremfall"

Die Krippe im Ulmer Münster, die zuletzt für Diskussionen gesorgt hatte, bezeichnete Leppin als "extremen Fall. Aus dem dunkelhäutigen König ist dort eine rassistische Zerrfigur geworden." Die evangelische Münstergemeinde hatte angekündigt, die Holzfigur aus ihrer Weihnachtskrippe zu entfernen. Sie sei "aus heutiger Sicht eindeutig als rassistisch anzusehen", sagte Dekan Ernst-Wilhelm Gohl.

Das Ulmer Münster sei kein Museum, die Krippe kein Museumsstück, betonte Leppin, der in Frankfurt Alte Geschichte lehrt. "Die Krippe ist im liturgischen Gebrauch der Gemeinde und muss sich daher am Evangelium messen lassen", erklärte der Wissenschaftler. Entscheidend sei die heutige Interpretation des Evangeliums: "Die Kirche ist mehr als Traditionswahrerin, sie ist eine Institution, die etwas zu sagen hat."

Melchior entspricht Botschaft des Evangeliums

Dagegen könne es sinnvoll sein, die entfernte Figur künftig in einem musealen Zusammenhang zu präsentieren. Zudem rate er zu einem "abgestuften Verfahren", so der Historiker: "Eine stereotype Darstellung aus dem Spätmittelalter ist weniger gravierend als der Ulmer Melchior aus den 1920er Jahren. Damals gab es bereits allgemeine Menschenrechte."

Generell sollten dunkelhäutige Figuren "bloß nicht" aus Krippen entfernt werden, mahnte Leppin: "Die Figur des Melchior hat eine positive Bedeutung und entspricht der Botschaft des Evangeliums."

Ähnlich hatten sich zuletzt Kirchenvertreter geäußert. Sinnvoll seien Darstellungen, "in denen dunkelhäutige Menschen sich wiedererkennen können", sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, der "Bild am Sonntag". Und weiter: "Eine Krippe ohne Melchior würde dagegen suggerieren, dass Christus nur für weiße Menschen zur Welt gekommen ist. Das wäre grundfalsch und würde zu Recht als rassistisch bezeichnet."


Volker Leppin / © Hannegreth Grundmann (C.H.Beck)
Volker Leppin / © Hannegreth Grundmann ( C.H.Beck )
Quelle:
KNA