Ungarns Außenminister Péter Szijjártó hat nach eigenen Angaben EU-Sanktionen gegen das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., per Veto verhindert.
Die ungarische Nachrichtenagentur MTI zitierte Péter nach einem Außenministertreffen am Montag in Brüssel mit den Worten: "Was waren das für verrückte Ideen? Zum Beispiel wollten sie Patriarch Kyrill auf die Sanktionsliste setzen. Ich denke, dass die Aufnahme von Kirchenführern und Geistlichen in die Sanktionsliste unbedingt vermieden werden sollte, denn wenn wir auf kirchlicher Ebene nicht miteinander reden können, ist die letzte Hoffnung auf Frieden verloren."
Unstrittige Punkte blockierte Szijjártó nicht
Der Minister blockierte mehrere Sanktionsvorschläge, nicht jedoch unstrittige Punkte. Die EU-Staaten konnten so mit Zustimmung Ungarns am Montag das 15. Sanktionspaket gegen Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine verabschieden. Neu mit Strafmaßnahmen belegt werden demnach "54 Personen und 30 Einrichtungen, die für Handlungen verantwortlich sind, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben".
Ihr Vermögen in der EU wird eingefroren, und sie dürfen nicht in die EU einreisen. Sanktionen werden etwa gegen die Militäreinheit verhängt, die für den Angriff auf die Kinderklinik Ochmatdyt in Kiew im Juli verantwortlich gemacht wird, sowie gegen Personen, die an der Verschleppung von Kindern beteiligt gewesen sein sollen.
Bereits im Mai 2022 hatte Ungarns Regierungschef Viktor Orbán von der EU-Kommission vorgeschlagene Sanktionen gegen Patriarch Kyrill I. abgelehnt, weil diese der Religionsfreiheit widersprächen. Kyrill I. zeichnete Orbán darauf 2023 mit dem Kirchenorden "Ruhm und Ehre" aus.
Dafür haben die EU-Staaten Tschechien, Litauen und Estland das Moskauer Kirchenoberhaupt inzwischen auf ihre nationalen Sanktionslisten gesetzt.
Sanktionen gegen Kirchensender
Konsens gibt es in der EU allerdings bezüglich des TV-Senders Spas der russisch-orthodoxen Kirche. Der seit 2005 bestehende Kanal kam im Dezember 2023 auf die schwarze Liste der EU, weil er den Angriffskrieg gegen die Ukraine gerechtfertigt und "kremlfreundliche Propaganda" verbreitet habe. Die Spas-Website wurde aber nicht blockiert wie etwa die Internetseite der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Somit ist das Kirchenprogramm weiter problemlos zu sehen.
Kyrill I. ist ein wichtiger Verbündeter von Kremlchef Wladimir Putin und heißt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine immer wieder gut. Der Patriarch nimmt am Jahresende stets an den Sitzungen des erweiterten Führungsgremiums des Verteidigungsministeriums in Moskau teil, bei denen Putin spricht. So auch diesen Montag.
Patriarchaler Segen für Soldaten und Waffen
Die russisch-orthodoxe Kirche teilte anschließend mit: "In seiner Rede fasste das Staatsoberhaupt die Ergebnisse der Tätigkeit der russischen Streitkräfte im Jahr 2024 zusammen." Der Kreml veröffentlichte ein Foto, auf dem das Kirchenoberhaupt neben Armeeangehörigen zu sehen ist. Putin zog bei der Sitzung eine positive Bilanz des Krieges gegen die Ukraine: "Allein in diesem Jahr wurden 189 Orte befreit."
Es ist längst Alltag, dass orthodoxe Priester russische Truppen und Waffen im Krieg gegen das Nachbarland segnen. Kyrill I. versprach russischen Soldaten im September 2022 sogar, sie würden von all ihren Sünden reingewaschen, wenn sie im Krieg fallen. Das Sterben "bei der Erfüllung der militärischen Pflichten" verglich er damals mit der Opferung Jesu durch Gott.