Universitäre Theologie steht unter wachsendem Reformdruck

Gesellschaftliche Relevanz nimmt ab

Sinkende Studierendenzahlen setzen die katholische Theologie an Unis unter Druck. Das Konzept von kirchlichen Hochschulen ist für den Theologen Georg Essen keine Lösung für das Problem. Er sieht den Ausweg vielmehr in einer Öffnung.

Autor/in:
Benedikt Heider
Leerer Hörsaal / © Paul.J.West (shutterstock)

Neben den Studierendenzahlen sieht der Professor für Systematische Theologie laut der Presseagentur Kathpress die demografische Entwicklung, eine "selbstverschuldete Kirchenkrise" und eine damit einhergehende schwindende gesellschaftliche Relevanz als Gründe für diese Entwicklung. 

Noch sei das Zeitfenster offen, um an disziplinübergreifenden Kooperationen und dem wissenschaftlichen Selbstverständnis zu arbeiten.

Theologie bestehe in gesellschaftlicher Relevanz

Zu widerstehen gelte es der Versuchung, in der Gründung kirchlicher Hochschulen einen Ausweg zu suchen. Je mehr die Theologie ihre kirchliche Identität zu schützen suche, indem sie sich "selbstreferentiell auf sich selbst zurückzieht", desto mehr verliere sie den Anschluss an andere Wissenschaften und desto mehr verliere sie aus den Augen, dass ihre Identität in ihrer gesellschaftlichen Relevanz besteht. "Worin denn sonst?", so Essen.

Prof. Dr. Georg Essen / © M. Heyde (HUB)
Prof. Dr. Georg Essen / © M. Heyde ( HUB )

Traditionell habe die Theologie ihre Legitimation als Universitätswissenschaft aus dem Bildungsauftrag für die kirchlichen Berufe und Religionslehrerinnen und -lehrer gezogen, so Essen. In der öffentlichen Wahrnehmung werde jedoch zunehmend die "gesellschaftliche Relevanz" der Theologie insgesamt infrage gestellt.

Rektorate stellen Forderungen an Theologie

Noch nimmt Essen, der an der der Humboldt-Universität Berlin lehrt, in den Rektoraten einen umsichtigen Umgang mit der Theologie als eigenständiges Fach an den Unis wahr. 

Die Bereitschaft, Theologie zu stärken, gehe jedoch mit der Forderung einher, "dass die Fakultäten sich reformieren, weiterentwickeln und zum Teil neu aufstellen sollen". Er sei diesbezüglich der Überzeugung, "dass das Modell der Zukunft in institutionellen Kooperationen zu sehen ist, mit denen disziplinübergreifend die theologische und nicht-theologische Religionsforschung gebündelt werden sollte", so Essen.

Bildungsverständnis in den Blick nehmen 

Zugleich riet Essen der eigenen Disziplin, sich neu über den "Begriff der Theologie" und ihr Bildungsverständnis im Klaren zu werden: "Was bedeutet es für das Verständnis unseres Faches, wenn uns die große Erzählung eines Universalzusammenhangs der Weltgeschichte abhanden kommt? Was heißt es dann eigentlich noch, dass es an der Theologie sei, die Welt unter dem Blickwinkel der Ewigkeit Gottes zu deuten, wenn wir schon daran scheitern, unsere Welt unter dem Blickwinkel der Zeitlichkeit zu begreifen?" 

Angesichts dieser "Relativierung und Pluralisierung von Wirklichkeitsinterpretationen" könne ein zukünftiges und zeitgemäßes theologisches Selbstverständnis nur darin bestehen, Menschen zu befähigen, mit dem sich permanent ändernden religiösen Bewusstsein umzugehen.

Berliner Zentralinstitut für Katholische Theologie

Das Zentralinstitut für Katholische Theologie (IKT) an der Berliner Humboldt-Universität hat zum Wintersemester 2019/20 seinen Forschungs- und Lehrbetrieb aufgenommen. Dies erfolgte zeitgleich mit dem ebenfalls neu gegründeten Institut für Islamische Theologie, mit dem es nach derzeit laufenden Renovierungsarbeiten erneut einen gemeinsamen Standort in der Hannoverschen Straße 6 hat.

Gründungsdirektor des IKT war der Berliner Historiker und Konzilienexperte Johannes Helmrath. Geschäftsführender Direktor ist der Professor für Historische Theologie, Günther Wassilowsky.

Institut für katholische Theologie in Berlin / © Gregor Krumpholz (KNA)
Institut für katholische Theologie in Berlin / © Gregor Krumpholz ( KNA )
Quelle:
KNA