"Wir stellen uns der jetzigen Zeitstunde. Wir träumen nicht von einer Vergangenheit, die vergangen ist, und konstruieren keine Zukunft, die noch nicht da ist", sagte der Erzbischof von München und Freising am Samstagabend im Münchner Liebfrauendom.
Anlass war ein Gottesdienst zum Abschluss des 15-monatigen Gesamtstrategieprozesses für die Erzdiözese. Dabei waren Leitlinien entwickelt worden, wie das Erzbistum angesichts zurückgehender Finanzen und weniger Personals künftig weiter für alle Menschen wirken könne.
Gegenwart neu verstehen und annehmen
Die Gegenwart müsse immer wieder neu verstanden und innerlich positiv angenommen werden, "ohne Trauer, sondern mit Zuversicht, mit der Überzeugung, dass diese Stunde uns geschenkt ist und uns aufgetragen ist", empfahl der Kardinal.
Weiter fügte er hinzu: "Wir wissen, dass wir in einer Gesellschaft leben, die vielfältig ist, differenziert ist, wo Menschen eine Freiheit haben, wie sie Jahrhunderte nur für ganz wenige Privilegierte möglich war, eine Mobilität, eine technische Revolution, ein anderer Umgang mit Sexualität, mit Demokratie, mit Politik, mit Weltanschauungen, die Freiheit, das zu wählen oder auch zu verlassen, was ich als Kind gelernt habe."
Zeugnis in Zeitstunde ablegen
All dies sei einmalig in der Menschheitsgeschichte, so Marx. "Wie wir als Kirche Zeugnis ablegen in einer solchen Zeitstunde, die so viel Positives hat, natürlich auch viele Gefährdungen hat, das ist die Aufgabe, der wir uns zu stellen haben." Der Kardinal zeigte sich zuversichtlich, dass es auch in Zeiten des Umbruchs möglich sei, gut Kirche und Volk Gottes sein, um für alle eine Hoffnung inmitten der Gesellschaft zu bieten, die sonst keiner geben könne.
Die konkrete Arbeit am Gesamtstrategieprozess gehe jetzt weiter, aber nicht ohne die Menschen vor Ort, betonte Marx und versicherte: "Wir werden keine Zukunft der Kirche bauen von oben nach unten, sondern gemeinschaftlich, synodal."