Französische Kommission beschäftigt sich mit Missbrauch in Orden

Ursachenforschung

Frankreichs Kommission zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche setzt sich mit Missbrauch in der Priesterausbildung auseinander. Ein Drittel der erwachsenen Opfer sind Seminaristen oder angehende Ordensmitglieder.

Symbolbild: Ein Mönch im Klostergang / © Frederic Dupont (KNA)
Symbolbild: Ein Mönch im Klostergang / © Frederic Dupont ( KNA )

Das sagte der Kommissionsvorsitzende Jean-Marc Sauve in einer digitalen Pressekonferenz am Mittwoch in Paris. Er halte religiöse Gemeinschaften jedoch nicht "prinzipiell" für verdächtig, so Sauve im Interview der Zeitung "La Croix" (Mittwoch).

Die Frage sei, wie "Missbräuche persönlicher Natur systemisch werden" könnten. Sobald ein Täter eine "wichtige hierarchische Funktion" übernehme, entstehe ein System, das Missbrauch Vorschub leisten könne. "In der Kirche wie in jeder menschlichen Gesellschaft können Macht- und Verantwortungspositionen verzerrt und missbräuchlich werden", so Sauve.

Überblick über die Gesamtlage

Um einen Überblick über die Gesamtlage zu erhalten und auch Täter zu identifizieren, die bislang von der Kirche nicht genannt wurden, arbeite die Kommission mit verschiedenen Quellen, so der Vorsitzende in der Pressekonferenz. Darunter seien Zeugenaussagen, aber auch die Arbeit mit Archiven von Diözesen oder religiösen Gemeinschaften.

Im Mai war das Mandat der Missbrauchskommission um fünf Monate verlängert worden. Bisher erreichten die Kommission 5.000 Anrufe und 1.500 ausgefüllte Fragebogen. Man sei aber "weit davon entfernt, dass alle Opfer von unserer Arbeit erfahren haben", sagte Sauve.

Mutmaßliche Opfer haben noch bis Ende Oktober Zeit, Kontakt mit der Kommission aufzunehmen.

Corona-Krise durchkreuzt Zeitplan

Wegen der Corona-Krise hatten einige Termine vor Ort abgesagt werden müssen. Konferenzen in Lyon, Dijon und Rouen sollen etwa nun im September und Oktober nachgeholt werden. Zudem soll eine digitale Zuschaltung möglich sein. Der Bericht der Missbrauchskommission soll nun im September oder Oktober 2021 vorgelegt werden.

Die Kommission soll Missbrauchsfälle seit 1950 sowie den Umgang kirchlicher Stellen damit aufarbeiten. Das Gremium nahm im Februar 2019 seine Arbeit auf. Es hat 22 Mitglieder und einen Etat von 3 bis 3,5 Millionen Euro.

Die meisten Menschen, die sich an die Kommission wandten, sind laut ihren Angaben über 50 Jahre alt; zwei Drittel seien Männer. Mehr als die Hälfte der mutmaßlichen Fälle ereignete sich zwischen 1950 und 1970, ein Drittel zwischen 1970 und 1990 sowie 13,5 Prozent zwischen 1990 und 2019.


Quelle:
KNA