Einer gegen viele - Bischof Thomas Paprocki fordert die US-Bischofskonferenz bei der Seelsorge für homosexuelle Paare heraus. Der Oberhirte der Diözese Springfield im Bundesstaat Illinois lehnt es ab, gleichgeschlechtlichen Paaren die Kommunion zu spenden und verweigert ihnen eine kirchliche Beerdigung.
Damit nicht genug. Vergangene Woche wies Bischof Paprocki seine Priester per Dekret an, es ihm gleichzutun. Personen, die in einer gleichgeschlechtlichen Ehe leben und "keine Reue zeigen", sollen von den Sakramenten ausgeschlossen werden.
Von Irritationen und Alleingängen
Der Kolumnist des "National Catholic Reporters", Michael Sean Winters, berichtet von "Irritationen" in der US-Bischofskonferenz über den Alleingang Paprockis. Steht dessen Vorstoß doch im offenen Widerspruch zu den Signalen, die Papst Franziskus an die Katholiken aus der LGBT-Bewegung (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) aussendet.
Gerade erst veröffentlichte der Jesuit James Martin mit dem Segen des Vatikan und der Billigung des US-Bischöfe ein Buch, das sich unter dem Titel "Brücken bauen" (Originaltitel: "Building a Bridge") um eine respektvolle Annäherung bemüht.
"Respekt, Mitgefühl und Empfindsamkeit"
Inhaltlich kann sich der Bischof aus Illinois auf den Katechismus von 1992 berufen, der zwar zu "Respekt, Mitgefühl und Empfindsamkeit" gegenüber Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung auffordert. Gleichzeitig wertet der Katechismus das Leben in homosexueller Gemeinschaft als eines in "objektiv ungeordneten Verhältnissen".
Der Widerspruch findet in den USA nun auch in der Seelsorge seinen Ausdruck. Er lässt sich auf der einen Seite festmachen an Paprockis Sakramente-Verweigerung. Auf der anderen Seite steht das demonstrative Willkommen, das der neue Kardinal von Newark im Bundesstaat New Jersey, Joseph Tobin, den LGBT-Katholiken in den Kirchen seiner Diözese bereitet hat.
Seit 2015 gelten verheiratete Schwule und Lesben juristisch als gleichgestellt
Bischof Paprocki repräsentiert sehr viel weniger als Tobin die Haltung der US-Bischofskonferenz. Er gilt als Hardliner, der sich schon 2013 mit der LGBT-Gemeinde in seiner Diözese anlegte, nachdem im Bundesstaat Illinois gleichgeschlechtliche Ehen legalisiert worden waren. Seit 2015 gelten verheiratete Schwule und Lesben im ganzen Land per Entscheidung des Obersten Gerichtshofs juristisch als gleichgestellt mit heterosexuellen Paaren.
Was Kritiker wie Winters besonders aufbringt, ist die Idee des Bischofs, "Umkehrern" eine Hintertür offenzuhalten. Wer "Buße tue für seine Sünden", so Paprocki, dem werde die Kommunion vor dem Tod nicht verweigert. Wer dagegen keine Reue für seine sexuelle Orientierung zeige, der habe auch kein Anrecht auf eine katholische Beerdigung.
"Grausam und beschämend"
Es sei "grausam und beschämend", Menschen "Beerdigung und Kommunion zu verweigern", sagte Marianne Buddy-Burke, Geschäftsführerin von DignityUSA. Die Organisation engagiert sich für eine größere Akzeptanz von homo- und bisexuellen Menschen in der Gesellschaft und insbesondere in der katholischen Kirche.
Auch die Erzdiözese Chicago distanzierte sich von Paprockis Dekret, kommentierte die Angelegenheit aber nicht weiter. Winters, ein guter Kenner der US-Bischofskonferenz, ist sich sicher, dass die überwiegende Mehrzahl der Bischofskollegen schlicht entsetzt ist.
"Franziskus würde jemanden, der in gleichgeschlechtlicher Beziehung lebt, beerdigen."
Katholische Geistliche hätten nach seiner Erinnerung bislang erst ein einziges Mal eine kirchliche Beerdigung verweigert, und zwar im Fall von "zwei Mafiosi, die aufeinander geschossen haben", so Winters. "Lasst es uns ganz klar sagen", so der Herausgeber der katholischen Online-Zeitschrift "Millennial", Christopher Hale: "Franziskus würde jemanden, der in gleichgeschlechtlicher Beziehung lebt, beerdigen." Eine Kirche, die LGBT-Menschen ausschließe, habe einfach keine Zukunft.
Tatsächlich wächst die Akzeptanz gegenüber schwul-lesbischen Paaren in den USA. Das Pew Research Center stellte 2016 fest, dass 71 Prozent der Gesamtbevölkerung homosexuelle Ehen begrüßen, nicht ganz so viele - 58 Prozent - unter den US-Katholiken.