US-Kirche kritisiert Trend zur Kompostierung Verstorbener

Letzte Ruhe unterm Ahornbaum

Ein Grab auf dem Friedhof war lange Zeit nicht nur in den USA die klassische Bestattungsart. Dabei gibt es viele Alternativen, etwa die Kompostierung Verstorbener. Doch bei der "grünen" Bestattung sieht die Kirche rot.

Autor/in:
Thomas Spang
Symbolbild Friedhof mit Flaggen in den USA / © Chaz Muth/CNS photo (KNA)
Symbolbild Friedhof mit Flaggen in den USA / © Chaz Muth/CNS photo ( KNA )

Marie Eatons Lieblingsplatz in ihrem Garten vor den Toren Seattles ist ein japanischer Ahornbaum. Der erinnert sie immer an ihren Bruder Wayne, der die Leidenschaft für das Gärtnern mit ihr teilte. Und eine besondere Vorliebe für diese Baumart hatte.

Marie erzählt dem amerikanischen Fernsehsender CBS, wie er Wayne selbst entschied, sich nach seinem Tod kompostieren zu lassen. Jetzt nähren seine zu Mulch verwandelten Überreste den Ahornbaum. "Ich fühle mich ihm hier nahe", sagt Marie über den besonderen Ort. Sie denke immer: "Wayne ist hier."

Der Staat Washington im Nordwesten der USA war der erste Bundesstaat, der 2019 eine Alternative zur traditionellen Sarg- und Urnenbestattung erlaubte. Bald folgten Kalifornien, Colorado, Oregon, New York, Nevada und Vermont. In Delaware, Maryland und New Jersey liegen Gesetzentwürfe vor, die schon bald menschliche Kompostierung zulassen könnten. Als jüngster Bundesstaat hatte Arizona Mitte April die Kompostierung von Leichen erlaubt. In seltenem Einklang machten Republikaner und Demokraten gemeinsam den Weg frei für die "grüne" Bestattungsmethode.

Kompostierung zersetzt den Körper

Kompostierung ist nach Darstellung von darauf spezialisierten Beerdigungsunternehmern genau der richtige Begriff. Dabei wird die Leiche in einen Container gelegt, der mit pflanzlichem Material gefüllt wird. Dazu gehören Stroh, Heu, Holzspäne sowie Hülsenfrüchte wie etwa die Luzerne. Neben den körpereigenen Bakterien fügen die Bestatter zusätzliche Mikroorganismen hinzu, sorgen für ausreichende Sauerstoff- und Stickstoffversorgung und halten die Umgebung bei einer Idealtemperatur zwischen 55 und 71 Grad Celsius. Den Rest besorgt die Natur. Nach etwa sechs Wochen ist der Leichnam vollständig zersetzt. Was bleibt, ist ein Kubikmeter nährstoffreiche Erde.

Ein Schild mit der Aufschrift "Cemetery office" weist den Weg zum Friedhofsbüro / © Chaz Muth/CNS photo (KNA)
Ein Schild mit der Aufschrift "Cemetery office" weist den Weg zum Friedhofsbüro / © Chaz Muth/CNS photo ( KNA )

Traditionell sind Gräber in den USA eher schlicht gehalten. Ein Grabstein auf grüner Wiese, mehr nicht. Die Alternativen sehen nicht alle Religionsgemeinschaften wohlwollend; das Kompostieren Verstorbener lehnen viele sogar ab. Die katholische Kirche übernahm dabei die Wortführerschaft. Im März 2023 erklärte die US-Bischofskonferenz, die grüne Bestattungsalternative verstoße gegen die katholische Lehre. 

Gottes Versprechen für die Gerechten sei "die Auferstehung in ihren Körpern in der Verherrlichung des auferstandenen Christus". Während von dem Leichnam bei der Kompostierung nichts übrig bleibe, werde ein Sarg oder eine Urne mit der Asche des Verstorbenen an einem "heiligen Ort" beigesetzt. "Diese können Gläubige zum Gebet und Gedenken besuchen."

Günstiger als der Sarg

Bis vor wenigen Jahren hatten die Katholiken auch Vorbehalte gegen die Feuerbestattung. Doch die Urnenbeisetzung ist nicht nur in Deutschland auf dem Vormarsch. In den USA lassen sich inzwischen mehr Menschen in der Urne (59 Prozent) beerdigen als im Sarg (36 Prozent). Ein wesentlicher Grund dafür sind die Kosten, die mit ungefähr 6.000 Dollar rund ein Drittel unter denen für eine Erdbestattung liegen. Die Kompostierung kann für die Hälfte angeboten werden.

Sargträger vor einer Kirche / © Corinne Simon (KNA)
Sargträger vor einer Kirche / © Corinne Simon ( KNA )

Der Wandel in der Beerdigungskultur reflektiert aber auch die zunehmende Säkularisierung in "God's Own Country". Während die Zahl der kirchlich nicht gebundenen Menschen immer weiter wächst, geht die der Angehörigen von Religionsgemeinschaften zurück. Parallel dazu entscheiden sich immer mehr Amerikaner für Alternativen zur Erdbestattung.

Nützlich für die Erde sein

Die Bestatterin Amy Cunningham beobachtet in ihrem Geschäft, wie sich auch konservative Christen für menschliche Kompostierung interessieren. Die Offenheit wachse in allen Gesellschaftsschichten, sagt die Gründerin von "Fitting Tribute Funeral Services" in New York dem Magazin "Newsweek". Wer sich für die Kompostierung entscheide, wolle das Gefühl haben, "dass der Körper der Erde nützlich ist".

Für Haley Morris, Kommunikationschefin bei "Earth Funeral" im Bundesstaat Washington, ist die Frage, wie jemand bestattet werden möchte, "eine ganz persönliche". Und die hat Marie Eatons Bruder Wayne vor seinem Tod eindeutig beantwortet. Seine Überreste nähren jetzt den Baum, der seiner Schwester Schatten und Trost spendet.

Quelle:
KNA