Vatikan-Experte befürchtet keinen Schwund von Papstwählern

"Immer noch fast zu große Zahl"

Die Anzahl der Kardinäle sinkt altersbedingt. Beobachter sehen darin schon eine "Purpur-Dämmerung". Vatikan-Experte Ulrich Nersinger hält die historisch immer noch hohe Zahl an Papst-Beratern vielmehr für ein Kommunikationshindernis.

Pileoli in rot, schwarz und violett liegen am 23. Januar 2018 in einem Paramentengeschäft in Köln auf einem Tisch / © Harald Oppitz (KNA)
Pileoli in rot, schwarz und violett liegen am 23. Januar 2018 in einem Paramentengeschäft in Köln auf einem Tisch / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Traditionell sind die Wochenenden um das Hochfest Peter und Paul am 29. Juni ein beliebter Anlass, Kardinale zu ernennen. Wie war das in diesem Jahr?

Ulrich Nersinger (Vatikanjournalist und Buchautor): In diesem Jahr haben wir nichts in dieser Richtung erlebt. Wie Sie sagen, sind die Tage um das Hochfest Peter und Paul ein traditionell oft gewählter Zeitpunkt dafür, aber das ist diesmal nicht geschehen.

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Das mag verschiedene Gründe haben, unter anderem vielleicht auch die Krankheit des Heiligen Vaters.

Es ist aber auch nicht so vorgeschrieben – auch an ganz anderen Terminen kommt es zu Kardinalsernennungen.

DOMRADIO.DE: Im Hinblick auf dieses Thema sprachen die Kollegen von der Katholischen Nachrichtenagenur jetzt von einer "Purpur-Dämmerung". Was ist damit gemeint?

Nersinger: Ja, ich musste ein wenig lächeln, weil das doch eine unberechtigte Befürchtung ist. Wenn wir auf das Kardinalskollegium schauen, ist es inzwischen nun doch ein relativ großes Gremium geworden.

Etwa bis zu den Zeiten Johannes des XXIII. waren es kaum 70 Leute, eher weniger, die zu Kardinälen ernannt worden waren.

Ulrich Nersinger

"Wenn man nun sagt, dass es dann ja nur 121 Wahlberechtigte seien, so ist das immer noch eine fast zu große Zahl."

Heute haben wir 222 lebende Kardinäle. Davon sind 121 wahlberechtigt, haben das 80. Lebensjahr also noch nicht überschritten. Das ist doch eine relativ imposante und vielleicht auch etwas schwieriger Zahl.

DOMRADIO.DE: Warum ist das schwierig? Was befürchten Sie?

Nersinger: Die Kardinäle sollen sich ja auch untereinander verständigen, sie sollen sich untereinander kennen. Denn neben der Beratung des Papstes ist ja ihre Hauptaufgabe eigentlich die Wahl eines künftigen Papstes.

Und da ist es doch sehr sinnvoll, wenn man sich kennt, wenn man weiß, was die einzelnen Anliegen in den einzelnen Kontinenten, in den einzelnen römischen Kongregationen sind. Und das halte ich bei einer so großen Anzahl von Kardinälen für doch relativ schwierig.

Konklave (KNA)
Konklave / ( KNA )

Wenn man nun sagt, dass es dann ja nur 121 Wahlberechtigte seien, auch wenn bis zum Ende des Jahres vermutlich noch einmal sieben Kardinäle durch die Altersbegrenzung ausscheiden, so ist das immer noch eine fast zu große Zahl.

Das sehen wir ja auch, wenn wir einen Blick in die Antike werfen. Der alte römische Senat ist ja auch immer weiter vergrößert worden und hatte mit jeder Vergrößerung an Effizienz abgenommen.

DOMRADIO.DE: Wie wird sich das auf das nächste Konklave auswirken?

Nersinger: Oh, das ist eine schwierige Frage. Da könnten wir Wettbüros anstellen, die darauf Wetten abschließen. Wir haben natürlich momentan auch die Situation, dass gut zwei Drittel der wahlberechtigten Kardinäle von Papst Franziskus ernannt worden sind.

Ulrich Nersinger

"Man könnte nun meinen, damit habe der Papst also für das nächste Konklave vorgesorgt. Aber das ist eine Täuschung."

Man könnte nun meinen, damit habe der Papst also für das nächste Konklave vorgesorgt, auch im Sinne seiner Linie, die er fährt. Aber das ist eine Täuschung.

Denn wir haben in der Vergangenheit auch immer gesehen, dass Kardinäle, die von einem Papst ernannt worden sind, wenn es soweit weit war und ein neues Konklave anstand, dann doch anders reagiert und andere Linien vertreten haben, zu anderen Entscheidungen gekommen sind.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Kardinalskollegium

Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, "für die Papstwahl zu sorgen", wie es im Kirchenrecht (Can. 349) heißt. Am Konklave zur Wahl eines neuen Kirchenoberhauptes dürfen nur jene Kardinäle teilnehmen, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Der Papst wählt die Kardinäle frei aus. Sie müssen laut Kirchenrecht "wenigstens die Priesterweihe empfangen haben, sich in Glaube, Sitte, Frömmigkeit sowie durch Klugheit in Verwaltungsangelegenheiten auszeichnen; wer noch nicht Bischof ist, muss die Bischofsweihe empfangen".

Auftakt zur Kurienreform: Vollversammlung des Kardinalskollegiums am 12. Februar 2015 / © Cristian Gennari (KNA)
Auftakt zur Kurienreform: Vollversammlung des Kardinalskollegiums am 12. Februar 2015 / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
DR