Vatikan-Journalistin erklärt die Eröffnung des Heiligen Jahres

Äußere und Innere Prozesse

Weshalb beginnt das Heilige Jahr eigentlich schon an Weihnachten? Und wie funktioniert das mit der Heiligen Pforte? Gudrun Sailer, langjährige Journalistin im Vatikan, erklärt im Interview alles, was man zum Heiligen Jahr wissen muss.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Eingang zum Infopoint für Pilger zum Heiligen Jahr 2025 am 6. Juni 2023 in Rom  / © Severina Bartonitschek (KNA)
Eingang zum Infopoint für Pilger zum Heiligen Jahr 2025 am 6. Juni 2023 in Rom / © Severina Bartonitschek ( KNA )

DOMRADIO.DE: Das Heilige Jahr 2025 folgt auf das Heilige Jahr 2000 – aber warum wird es schon in der Christmette feierlich eröffnet?

Gudrun Sailer / © Greta Galligioni (privat)
Gudrun Sailer / © Greta Galligioni ( privat )

Gudrun Sailer (Vatikan-Journalistin bei Vatican News): Weil wir an Weihnachten die Geburt von Jesus feiern. Das zur Welt kommen von Gott also. Mehr guten Anfang kann es fast nicht geben im Katholischen und deshalb ist es auch Tradition, dass die Heiligen Jahre schon zu Weihnachten anfangen. 

Auch das Heilige Jahr 2000 hat schon 1999 zu Weihnachten begonnen, 1975 schon 1974 und so fort. Und auch an ihrem Ende übrigens nehmen die Heiligen Jahre noch den ganzen Weihnachtsfestkreis mit. Das Heilige Jahr 2025 wird dann enden, am 6. Januar 2026. Da wird der Papst die Heilige Pforte im Petersdom wieder schließen. 

DOMRADIO.DE: Was genau passiert denn heute Nacht im Petersdom?

Sailer: Der Papst wird die Heilige Pforte so gegen 19 Uhr eröffnen, vor der Christmette. Da gibt es zuerst eine Zeremonie mit einer feierlichen Prozession zur Heiligen Pforte, begleitet von Gebeten und liturgischen Gesängen. Die Heilige Pforte ist von den fünf Portalen in der überdachten Vorhalle des Petersdoms das ganz rechts. 

Und dann klopft der Papst dreimal gegen diese geschlossene Pforte, um sie symbolisch zu öffnen, und spricht dabei eine Segensformel. Und dann wird die Pforte von innen geöffnet, und er schreitet durch. 

Papst Johannes Paul II. öffnet am 24. Dezember 1999 die Heilige Pforte im Petersdom / © Grzegorz Galazka (KNA)
Papst Johannes Paul II. öffnet am 24. Dezember 1999 die Heilige Pforte im Petersdom / © Grzegorz Galazka ( KNA )

Das Ganze soll erinnern an die berühmten Worte von Jesus: "Ich bin die Tür. Wer durch mich hineingeht, der wird gerettet werden." Und danach leitet der Papst im Petersdom - quasi ganz normal, wie alle Jahre wieder - die Christmette. 

DOMRADIO.DE: Ab Weihnachten läuft es dann also, das Heilige Jahr - worum geht es dabei im Kern?

Sailer: Der Grundgedanke im Heiligen Jahr ist Vergebung, Versöhnung, Buße und Gnade. Also die Gläubigen kommen nach Rom mit einem inneren Anliegen. Sie wünschen sich eine erneute Beziehung mit Gott, einen Neubeginn. Und genau dafür steht ja übrigens die Heilige Pforte. 

Gudrun Sailer

"Der Grundgedanke im Heiligen Jahr ist Vergebung, Versöhnung, Buße und Gnade."

Dieses Durchschreiten der Heiligen Pforte markiert ja einen Übergang, ein neu hineingehen in die Gottesbeziehung und damit auch in die Beziehung zu den Mitmenschen. 

Der Papst ist der erste der hindurch geht, alle anderen Pilger im Heiligen Jahr machen das auch. Das Durchschreiten ist ein äußerer Akt, der für einen inneren Wunsch steht, also für ein gewünschtes, erwünschtes, ersehntes Hineingehen in Gottes Gnade und Vergebung. 

DOMRADIO.DE: Das Heilige Jahr – was bedeutet das ganz praktisch?

Sailer: Praktisch heißt es, das mehrere Dutzend Millionen Pilgerinnen und Pilger nach Rom strömen werden. Sie werden an vielen Veranstaltungen im Rahmen des Heiligen Jahres teilnehmen. 

Gudrun Sailer

"Praktisch heißt es, das mehrere Dutzend Millionen Pilgerinnen und Pilger nach Rom strömen werden."

Diese tragen Titel wie "das Jubiläum der Künstler", "das Jubiläum der Gefangenen", "das Jubiläum der Kirchenchöre", "das Jubiläum der Familie", "das Jubiläum der Priester", und so fort. 

Pilger durchschreiten die Heilige Pforte im Petersdom (Archivbild) / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Pilger durchschreiten die Heilige Pforte im Petersdom (Archivbild) / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Viele der Gläubigen, die da kommen, werden auch zur Beichte gehen. Einige werden die Sieben-Kirchen-Wallfahrt in Rom machen, und viele werden auch dem Papst begegnen. Denn ein solches Jubiläum, ein jedes dieser Jubiläen, die ich genannt habe, sieht eine eigene Audienz beim Papst vor. 

DOMRADIO.DE: Und was heißt das für euch in der Redaktion von Radio Vatikan?

Sailer: Natürlich heißt es auch für uns, dass wir da jedes Mal live dabei sind. Mit Übertragungen und Interviews und allem, was dazugehört, machen Sondersendungen. Natürlich sind wir auch selbst gespannt, den Papst bei diesen Begegnungen zu erleben. 

Papst Franziskus mit Mädchen der katholischen Schule La Tour aus Paris bei der Generalaudienz am 18. Dezember 2024 in der Audienzhalle im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus mit Mädchen der katholischen Schule La Tour aus Paris bei der Generalaudienz am 18. Dezember 2024 in der Audienzhalle im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Er ist 88 Jahre alt geworden vor einer Woche. Und er zieht einfach sehr viel Energie aus den Begegnungen mit Menschen. Gerade mit diesen Leuten, mit den Gläubigen, die aus der ganzen Welt nach Rom kommen, um ihm zuzuhören und um Teil dieser Gnade zu werden, die mit dem Heiligen Jahr geschenkt wird. 

DOMRADIO.DE: Der Bürgermeister von Rom hatte angekündigt, dass rechtzeitig zum Start ins Heilige Jahr die vielen, vielen Baustellen in Rom verschwunden sein würden. Hat das geklappt?

Sailer: Ja, wir sind jedenfalls sehr happy, dass das Vorzeigeprojekt gestern eingeweiht wurde. Das Vorzeigeprojekt, das ist der Autotunnel zwischen Engelsburg und Via della Conciliazione. Wir haben da jetzt wirklich lange genug vor dem Bürohaus, wo Vatican News ist, eine Riesenbaustelle gehabt. 

Engelsfigur hinter einem Baugerüst an der Brücke zur Engelsburg in Rom (Italien) am 8. Juli 2024 / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Engelsfigur hinter einem Baugerüst an der Brücke zur Engelsburg in Rom (Italien) am 8. Juli 2024 / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

Und dahinter, unter unseren Fenstern, der ganze dichte Verkehrsstau und Sirenen von früh bis spät. Das ist endlich weg. Der Tunnel ist eröffnet, und das sind wir froh und glücklich und auch geneigt, ein Auge zuzudrücken bei den anderen Baustellen, die leider doch noch nicht ganz fertig geworden sind. 

DOMRADIO.DE: Worauf freust du dich persönlich in diesem Heiligen Jahr?

Sailer: Ich freue mich, in einer Stadt zu sein, die ein geistlicher Anziehungspunkt für viele Menschen aus der ganzen Welt ist und zugleich auch wieder ein bisschen lebenswerter geworden ist. 

Gudrun Sailer

"Ich freue mich, in einer Stadt zu sein, die ein geistlicher Anziehungspunkt für viele Menschen aus der ganzen Welt ist (...)"

Dank der vielen kleineren Umgestaltungen, gerade die auch das Heilige Jahr überdauern werden. Also mehr Grün, mehr Brunnen, mehr Fußgängerzonen. Es lebe das Heilige Jahr! 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Heiliges Jahr

Das Heilige Jahr ist ein Jubiläumsjahr in der katholischen Kirche. Es wird regulär alle 25 Jahre begangen. Das Heilige Jahr 2025 steht unter dem Motto "Pilger der Hoffnung". Einen Ablass von Sündenstrafen können Pilger dabei nicht nur bei Wallfahrten an eine der heiligen Stätten des Jubiläums oder eine der vier großen päpstlichen Basiliken in Rom erhalten, sondern auch beim Besuch der Verkündigungskirche in Nazareth, der Geburtskirche in Bethlehem oder der Grabeskirche in Jerusalem.

Pilger gehen durch die Heilige Pforte (2015) / © Cristian Gennari (KNA)
Pilger gehen durch die Heilige Pforte (2015) / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
DR