Vatikanexperte beschreibt kuriose Krippen und Ereignisse

Als das Jesuskind fast gestohlen wurde

Alle im Vatikan wollen eine schöne Krippe haben, weiß Vatikanexperte Ulrich Nersinger. Die meisten können von Touristen jedoch gar nicht besucht werden, obwohl es ganz besondere Krippen gibt. Der Experte erzählt von ihren Geschichten.

Krippe aus Holz / © Harald Oppitz (KNA)
Krippe aus Holz / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie viele Krippen gibt es denn im Vatikan?

Nersinger: Das weiß man nicht. Es gibt so viele Institutionen, so viele Kommunitäten und so viele Einrichtungen und alle bemühen sich eigentlich um eine schöne, sehr besinnliche, attraktive Krippe. Denn Krippen, muss man immer bedenken, haben in Italien einen weitaus höheren Stellenwert als bei uns.

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

DOMRADIO.DE: Aber wissen Sie, was das dann für besondere Krippen sind?

Nersinger: Ja, wir haben natürlich die große Krippe beim Obelisken, auf dem Petersplatz. Aber wir haben eine ganze Reihe in der Vatikanstadt in der Audienzhalle. Manche Krippen haben wirklich auch einen Lebensbezug. Zum Beispiel gibt es die Krippe der päpstlichen Gendarmerie. In ihr sind also auch Teile der Vatikanstadt ein bisschen nachgebaut. Man findet dann Figuren der päpstlichen Gendarmerie in ihren Uniformen. Es wird versucht, das ganze Leben so ein wenig in die Krippen hinein zu integrieren.

Ulrich Nersinger

"Die meisten Krippen kann man als Tourist nicht besuchen."

DOMRADIO.DE: Welche ist die außergewöhnlichste Krippe? Diese, die Sie gerade beschrieben haben? 

Nersinger: Ja, die würde ich schon eine sehr schöne nennen. Dann gibt es immer wieder eine neue Krippe der Schweizergarde und dann natürlich auch, wie erwähnt, in der Audienzhalle. Das Leidvolle ist, dass man die meisten Krippen als Tourist und als Pilger nicht besuchen kann. Das ist immer etwas bedauert worden. 

Man hat mal überlegt, auch vom Vatikan, ob man nicht mal einen virtuellen Krippengang einrichten soll, sodass man das online verfolgen kann. Aber das ist leider bisher noch nicht umgesetzt worden. 

DOMRADIO.DE: Fällt Ihnen auch eine besondere Krippengeschichte ein?

Nersinger: Ja, gerade die Krippe auf dem Petersplatz hat so manche Ereignisse erlebt. Ich denke an das Jahr 2017. Da hat eine Aktivistin der Femen-Gruppe versucht, das Jesuskind zu stehlen. Sie ist auf die Krippe zu, hat das Kind schon rausgerissen. Sie war dabei übrigens barbusig. Aber sie hat dann nicht mit der päpstlichen Gendarmerie gerechnet. Ein junger Gendarm hat sich auf sie geworfen, hat also den Raub des Christuskindes verhindert und hat dann auch noch mit seinem Mantel die Blöße der Aktivistin bedeckt. 

Ulrich Nersinger

"In Santa Maria Maggiore werden Überreste der Krippe aufbewahrt."

Dann gab es ein Jahr später es eine ganz ungewöhnliche Krippe am Petersplatz. Die kam aus Jesolo in der Romagna und hatte als Bausubstanz den Werkstoff Sand. Es waren fast 700 Tonnen Sand, aus denen man die Krippe gebildet hat. Dann, ein Jahr später, hat man eine Krippe aus dem Veneto genommen. Und die bestand aus einem besonderen Holz, und zwar aus den Überresten von Bäumen, die ein Jahr zuvor bei schweren Unwettern in Norditalien umgestürzt waren. Man sieht, da gibt es immer einen aktuellen Bezug. 

DOMRADIO.DE: Es gibt noch eine weitere Besonderheit der römischen Weihnacht. In den Messen spielten eine Zeit lang geweihte Windeln und Schwerter eine Rolle. Was hat es damit auf sich? 

Nersinger: Ja, das ist eine alte Tradition, die heute natürlich nicht mehr da ist. Der Papst zog ja zu Weihnachten auch nach Santa Maria Maggiore. Das ist eine Weihnachtskirche, wenn man das so sehen will. Dort werden Überreste der Krippe aufbewahrt. Das ist eine alte Legende, die soll von der Kaiserin Helena sogar schon nach Rom gebracht worden. Und am Weihnachtstag entnahm man Überreste der Krippe, kleine Holzsplitter, und hat die in Windeln oder besser gesagt, in den Gewändern, die man für Neugeborene brauchte, eingenäht und hat diese dann durch den Papst an die erstgeborenen, neugeborenen katholischer Fürstenhäuser entsandt. Das sollte ein Zeichen sein, dass die katholische Monarchie in sich enger an den christlichen Glauben binden sollten. 

Und dann gibt es diese Schwertweihe: Hut und Schwert hat man geweiht. Das waren Ehrengeschenke des Papstes, und die hat man dann auch an diesen Tagen jeweils Fürsten übersandt, die man auch in gewisser Weise an Rom, an die Kirche binden wollte. 

Papst Franziskus leitet eine Messe für die Armen im Petersdom / © Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Franziskus leitet eine Messe für die Armen im Petersdom / © Andrew Medichini/AP ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie ist das mit Weihnachtsgeschenken und Papst Franziskus? Das mag er eigentlich nicht? 

Nersinger: Das will er nicht, genau. Er hat auch immer wieder mal angeordnet, dass Geschenke, die er bekommt, zum Beispiel einer Lotterie zugeführt werden. Es gab ja im Vatikan zeitweise eine Lotterie zugunsten der Armen und der Obdachlosen. 

Oder er hat sie auch weiter geschenkt. In der Regel haben viele Geschenke der Päpste ihren Weg weiter in Krankenhäuser, Altersheime oder Kinderheime gefunden. Das ist eigentlich so üblich gewesen.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR