DOMRADIO.DE: Seit wann gibt es denn überhaupt eine Frauenfußballnationalmannschaft im Vatikan?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Schriftsteller): Offiziell seit 2018. In dem Jahr hatte sie sich gebildet, weil Interesse da war.
Man muss sich vorstellen, dass ungefähr tausend Frauen für den Vatikan, also für die Kurie und den Vatikanstaat, arbeiten.
Da kam dann auch die Überlegung auf, eine Frauenfußballmannschaft zu gründen. Soweit ich informiert bin, sind das momentan etwa 25 Spielerinnen.
Hinzu kommt natürlich das Betreuungspersonal, also Frauen und Männer, die das organisieren und die Fußballspielerinnen betreuen.
DOMRADIO.DE: War das eine große Sache, mussten die Frauen sich das erstreiten, oder war die Zeit einfach reif?
Nersinger: Interessanterweise nicht. Man hätte sich ja denken können, dass es da ein Naserümpfen gegeben hätte, vielleicht unter den Prälaten und Kardinälen.
Aber nein, ganz im Gegenteil, man war eigentlich angetan. Mir ist keine einzige negative Stimme bekannt. Es war sehr überraschend und schön, zu sehen, dass das schon fast als Normalität angesehen wurde.
DOMRADIO.DE: Wer spielt denn da mit?
Nersinger: Das sind natürlich die Frauen, die in erster Linie in Büros oder Einrichtungen der römischen Kurie arbeiten, die aber auch im Vatikanstaat tätig sind, im Kommunikationssektor oder anderen Abteilungen. Und die haben sich dann zusammengefunden.
DOMRADIO.DE: Warum sind vatikanische Fußballmannschaften eigentlich normalerweise nicht bei Turnieren dabei?
Nersinger: Das ist ein allgemeines Problem des vatikanischen Fußballs. Wir haben natürlich im Vatikan keinen Profifußball, sondern Amateurfußball.
Gott sei Dank, kann man eigentlich sagen. Allein diese Mannschaften zusammenzubringen, ohne den Dienstbetrieb zu stören – und bei den Männern sieht man das umso mehr – ist sehr schwierig.
Das ist für die Schweizergarde, aber auch für andere Einrichtungen des Vatikans immer ein Problem gewesen. Daher hat man auch eine Zeit lang Calcetto gespielt, um überhaupt einen Spielbetrieb zu ermöglichen. Das ist eine kleine Untergattung des Fußballs mit jeweils fünf Spielern pro Mannschaft,
DOMRADIO.DE: Das wird jetzt nächste Woche Samstag das erste offizielle Länderspiel der vatikanischen Frauenfußball-Nationalmannschaft. Aber aufgelaufen sind die eigentlich schon einmal, da gab es aber einen Skandal. Was war da los?
Nersinger: Ja, das erste Auslandsspiel gab es eigentlich schon recht früh, ein Jahr nach der Gründung, 2019 in Österreich. Da hat man ein Spiel geplant, ich sage bewusst geplant, mit dem FC Mariahilf.
Das fand dann im Grunde auch statt, aber unter bestimmten Schwierigkeiten – leider ist dieses Spiel missbraucht worden. Frauen der Österreicherinnen liefen mit aufgemalten Eierstöcken auf und im Publikum sah man Banner und Plakate mit Abtreibungsslogans.
Da hat man sich seitens der vatikanischen Mannschaft dann natürlich dafür entschieden, von einem Spielbetrieb Abstand zu nehmen und hat das Spiel abgebrochen.
Das war sehr, sehr schade, weil das Ganze auch hochrangig beobachtet wurde, der Apostolische Nuntius in Österreich war bei dem Spiel anwesend. Das war eigentlich sehr beschämend, dass man eine tolle Sache dann so unterbunden hatte.
DOMRADIO.DE: Warten wir mal ab, wie das Spiel nächste Woche Samstag läuft. Weiß man denn von Papst Franziskus, ob er auch ein Frauenfußball-Fan ist?
Nersinger: Das ist eine interessante Frage. Das müsste man wirklich mal eruieren, ob das der Fall ist.
Er ist ein großer Tifoso, ein großer Fußballfan und es wäre wirklich mal sehr interessant herauszufinden, in wie weit er auch dem Frauenfußball zugeneigt ist.
Das Interview führte Heike Sicconi.