Für Kardinal Jorge Urosa Savino ist die Ausgangslage klar: "Die Regierung hat die Unterstützung des Volkes verloren", sagte der für seine deutlichen Stellungnahmen bekannte Erzbischof von Caracas in dieser Woche Radio Vatikan. Was das venezolanische Volk nicht wolle, sei ein System, das sich gegen die Interessen insbesondere der Armen richte, so Urosa weiter.
Urosa gehört einer prominenten Delegation der Venezolanischen Bischofskonferenz an, die um einen Termin bei Papst Franziskus gebeten hat. Das aus Argentinien stammende Kirchenoberhaupt habe stets sein großes Interesse, seine große Besorgnis, seine große Liebe in dieser schwierigen sozialen, politischen, wirtschaftlichen und humanitären Krise für Venezuela gezeigt, so Urosa.
Deswegen wollen die Bischöfe nun "seine Ratschläge hören, damit die kirchliche Arbeit inmitten dieser schrecklichen Situation, die wir erleben, effizienter wird".
Kann Franziskus helfen?
Am Donnerstag kommt es nun zum Treffen mit Franziskus im Vatikan und die Region blickt gespannt nach Rom: "Venezuela in den Händen des Papstes", kommentiert die kolumbianische Tageszeitung "El Espectador" mit leichtem Pathos. Kolumbien ist angesichts der hohen Flüchtlingszahlen aus dem Nachbarland von der Krise in Venezuela besonders betroffen.
Urosa weiß um die Bedeutung des Treffens auch mit Blick auf das Binnenverhältnis zwischen der Bischofskonferenz und der sozialistischen Regierung in Caracas. "Die Regierung will den Papst als Freund der Regierung präsentieren und uns als die Gegner der Regierung."
Genau das Gegenteil sei aber richtig: "Wir stehen auf der Seite des Volkes, das sehr leidet. Wir sind sehr einig mit dem Heiligen Vater und wir wollen diese Manipulation zurückweisen."
Vatikan als Moderator oder Vermittler?
Der lateinamerikanische Sender "CNN en espanol" spekulierte derweil über einen neuen Versuch, den vom Vatikan vermittelten Dialog zwischen Regierung und Opposition wiederzubeleben. Der Vatikan sieht sich offiziell allerdings nicht als Vermittler, sondern lediglich in einer Rolle des Moderators, der helfen will, dass Gespräche überhaupt in Gang kommen.
Eine erste Gesprächsrunde über den Jahreswechsel scheiterte, weil nach Lesart der bürgerlich-konservativen Opposition als auch der katholischen Kirche die Regierung ihre Zusagen nicht eingehalten hatte. Die Freilassung von politischen Gefangenen sowie die Durchführung seit Monaten ausstehender Wahlen blieben aus. Davon wollte die sozialistische Regierung von Präsident Nicolas Maduro nichts mehr wissen.
Inzwischen geht Maduro einen anderen Weg. Nachdem der Versuch scheiterte, das Parlament auf juristischem Wege zu entmachten, ordnete Maduro eine ebenso umstrittene verfassungsgebende Versammlung an. Die werde das Land in den Kommunismus führen, mutmaßt Kardinal Balthazar Porras.
Die Opposition erhöht unterdessen den Druck durch Massenproteste, bei denen allerdings in beiden Lagern bereits mehr als 65 Menschen ums Leben kamen. Zehn Friedensnobelpreisträger riefen Venezuela in dieser Woche auf, das Recht auf friedliche Demonstrationen zu gewährleisten und die Gewaltenteilung im Land wiederherzustellen.
Dialog mit Lopez?
Offenbar versucht die Regierung auch auf anderem Wege, Druck aus dem Kessel zu nehmen. Außenministerin Delcy Rodriguez erklärte, die Regierung stehe inzwischen im Dialog mit dem seit 2014 inhaftierten prominenten Oppositionspolitiker Leopoldo Lopez.
Dessen Ehefrau erklärte, ihr Mann habe das Angebot der Regierung abgelehnt, das Gefängnis gegen Hausarrest zu tauschen und über seine Freiheit zu verhandeln. Die Regierung müsse alle politischen Gefangenen sofort freilassen.
In dieser Gemengelage wartet ganz Venezuela nun auf ein Zeichen, eine Geste des Papstes, die in der aufgeheizten Atmosphäre eine Wirkung in beide Richtungen haben könnte. Zuletzt rief der Papst immer wieder zum Dialog auf, gehört wurde er allerdings nicht.