In die festgefahrene innenpolitische Krise in Venezuela scheint neue Bewegung zu kommen: Venezuelas sozialistischer Präsident Nicolas Maduro kündigte am Dienstag an, direkte Gespräche mit der konservativen Opposition auf neutralem Boden zu führen. Nach lokalen Medienberichten sollen die Gespräche in der Dominikanischen Republik stattfinden. Als Verhandlungsführer nominierte die venezolanische Regierung den früheren Vizepräsidenten und Sozialisten Jorge Rodriguez. Dieser solle bereits in Kürze aufbrechen, hieß es.
Die neue Verhandlungsrunde wurde auf Vermittlung des dominikanischen Präsidenten Danilo Medina sowie des ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero angesetzt. Noch ist allerdings unklar, ob das breitgefächerte Oppositionsbündnis "Tisch der Einheit" (MUD) der Einladung Folge leistet. "Die Einladung von Präsident Danilo Medina bedeutet nicht den Beginn eines formalen Dialogs mit der Regierung. Die Zeit der symbolischen Gesten ist abgelaufen", hieß in einer Erklärung des MUD, dem ungefähr 30 Parteien verschiedener politischer Lager angehören.
"Politische Lösung durch Dialog"
UN-Generalsekretär Antonio Guterres drückte unterdessen seine volle Unterstützung für die Initiative Medinas und Zapateros aus. Ziel müsse es sein, eine politische Lösung auf Basis eines Dialogs zu finden. Teile der Opposition forderten bereits die Freilassung der politischen Gefangenen als Bedingung für die Teilnahme an den Gesprächen.
In Venezuela tobt seit Monaten ein Machtkampf zwischen der Regierung und der Opposition. Bei Massenprotesten gegen die katastrophale Versorgungslage und die hohe Kriminalität starben nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen bislang mehr als 100 Menschen. Mehr als 60.000 Venezolaner haben allein in den vergangenen vier Wochen von der kolumbianischen Migrationsbehörde eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, damit sie legal im dem Nachbarland arbeiten oder das dortige Gesundheitssystem nutzen können.
"Fehler korrigieren"
Kurz vor Maduros Ankündigung hatte die katholische Kirche in Venezuela den Präsidenten noch einmal zu einem Kurswechsel aufgefordert. Sie wertete die jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus zur innenpolitischen Krise in dem südamerikanischen Land als Aufforderung an den Präsidenten, seine Haltung zu überdenken.
"Der Papst hat über Venezuela gesprochen. Er hat eine große Anstrengung gemacht, um den Präsidenten einzuladen, seine Fehler zu korrigieren, die die aktuelle Krise ausgelöst haben", sagte der Erzbischof von Caracas, Kardinal Jorge Urosa, dem Portal "Globovision" (Dienstag).
Kritik an Verfassunggebender Versammlung
Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass Franziskus versucht habe, auf Maduro einzuwirken, so Urosa. So habe der Papst dem Präsidenten bereits im Juni einen Brief geschrieben. Beim jüngsten Treffen mit venezolanischen Bischöfen am Rande des Papstbesuches in Kolumbien in der vergangenen Woche habe sich Franziskus besorgt über die Situation in Venezuela gezeigt.
Die Bischöfe hätten ihm dargelegt, wie sich die politische Krise zugespitzt habe: "Wir haben über die Verfassunggebende Versammlung gesprochen, die in der Verfassung so nicht vorgesehen ist, und über die politischen Gefangenen", zitierte "Globovision" den Kardinal.
Bisherige Vermittlungsversuche ergebnislos
Bereits über den Jahreswechsel hatte es eine vom Vatikan vermittelte Gesprächsrunde zwischen Regierung und Opposition gegeben, deren Vereinbarungen laut Vatikan von der Regierung nicht eingehalten wurden. Daraufhin zog sich die Kirche aus den Gesprächen zurück.
Inzwischen hat Präsident Maduro neue Fakten geschaffen. Trotz internationaler Proteste berief er eine Verfassunggebende Versammlung ein, die sämtliche Kompetenzen an sich zog. Das regulär gewählte Parlament, in dem die Opposition die Mehrheit hat, ist entmachtet. Gegner werfen der Regierung die Installierung einer kommunistischen Diktatur nach kubanischem Vorbild vor.