Vertuschungsvorwürfe gegen weiteren Bischof in Frankreich

Beschuldigter wehrt sich

In Frankreich gibt es Vertuschungsvorwürfe gegen einen weiteren katholischen Bischof. Herve Gosselin, derzeit Bischof im westfranzösischen Angouleme, wird beschuldigt, sexuelle und geistliche Missbräuche vertuscht zu haben.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Ein graues und ein weißes Collarhemd / © Cristian Gennari (KNA)
Ein graues und ein weißes Collarhemd / © Cristian Gennari ( KNA )

Das geht aus Medienberichten der Internetzeitung "Mediapart" hervor. Der 67-jährige war bis zum Jahr 2016 Leiter des spirituellen Zentrums von Tressaint bei Dinan in der Bretagne.

Es lägen Aussagen mehrerer betroffener Frauen vor; sie werfen dem heutigen Bischof Einschüchterung, Verharmlosung und Geheimhaltung von Vorfällen sexueller Gewalt vor. Das Online-Magazin führt zudem Dokumente von Gosselin selbst ins Feld.

Unter anderem heißt es, Gosselin habe als Leiter der Einrichtung entsprechende Berichte über zwei Mitglieder des Hauses ignoriert. Vorwürfe gegen seinen Vorgänger, Pater Andre-Marie van der Borght (1925-2004), seien seit längerem bekannt.

Über Vorwürfe informieren

"Mediapart" führt für Tressaint etwa 90 weibliche Opfer sexueller Gewalt auf. Gosselin habe intern mehrfach zugesagt, sich über entsprechende Vorwürfe zu informieren; die Vorfälle seien aber weitergegangen. Betroffene sagten laut Bericht aus, Gosselin habe das Verhalten des mutmaßlichen Täters sogar mit dem seiner mutmaßlichen Opfer gerechtfertigt; es sei ihre Einstellung, die zu solchen Situationen führe.

Zu den Vorwürfen und Zeugenaussagen entgegnete der heutige Bischof laut "Mediapart", die Berichte, die er damals erhalten habe, seien "indirekt und vage" gewesen. In dem Dossier der Zeitung heißt es, der Bischof habe auch gegenüber dem Personal des Hauses Druck aufgebaut und mögliche Aussagen gegen van der Borght per öffentlichem Aushang untersagt.

Der Zeitung sagte er dazu: "Es ist wahr, dass ich damals der Meinung war, dass dies nicht der richtige Weg war, da der Angeklagte mittlerweile gestorben war"; inzwischen habe er aber seine Meinung geändert.

Gegründet um den Glauben zu stärken

Die "Foyers de Charite" (Zentren der Barmherzigkeit) wurden 1936 von Marthe Robin und Georges Finet gegründet. Sie bieten insbesondere spirituelle Exerzitien an, um den Glauben von Christen wiederzubeleben und zu stärken. In den vergangenen Jahren gab es mehrere Enthüllungen über Fälle sexueller Gewalt in den
Einrichtungen, vor allem gegen Priester in den Foyers.

Die katholische Kirche in Frankreich wird seit mehreren Jahren von Entdeckungen und prominenten Fällen sexueller Übergriffe und Vertuschung erschüttert. Erst vor wenigen Tagen geriet der Bischof von La Rochelle in den Fokus. Georges Colomb (70) bot Papst Franziskus nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs seinen einstweiligen Ruhestand an. Er sei fassungslos ob der Behauptungen und weise diese vollständig zurück.

Die Vorwürfe beziehen sich auf seine Zeit als Oberer der Missions Etrangeres de Paris (französische Auslandsmission, MEP) in der 2010er Jahren. Sein Nachfolger dort, der Straßburger Weihbischof Gilles Reithinger, wird beschuldigt, den Vorwürfen damals nicht nachgegangen zu sein.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof, Eric de Moulins-Beaufort von Reims, forderte für beide die Achtung der Unschuldsvermutung ein.

Kirche in Frankreich

Die katholische Kirche in Frankreich zählt zu den traditionsreichsten und geistesgeschichtlich wichtigsten in Europa. Marksteine ihrer reichen Geschichte sind etwa für das christliche Mittelalter die Taufe von Frankenkönig Chlodwig, die Reichskirche Karls des Großen ("Charlemagne"), die großen Ordensbewegungen und das "Zeitalter der Kathedralen"; weiter die Religionskriege des 16./17. Jahrhunderts, die nationalkirchliche Strömung des "Gallikanismus", die Aufklärung und die Französische Revolution. Zu Frankreichs Kulturerbe gehören ungezählte Klöster und Kathedralen von Weltrang.

Französische Fahne / © Rick Hawkins (shutterstock)
Quelle:
KNA