Viele Juden besuchen zum Priestersegen Jerusalems Klagemauer

Pessach-Höhepunkt mit Gebeten

Uralte Segensrituale finden beim Pessachfest im spirituellen Herzen des Judentums statt. Im Zeichen der Angst um die Geiseln der Hamas gewinnen sie besondere Bedeutung. Auch Christen sagen die biblischen Formeln etwas.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Klagemauer in Jerusalem (Archiv) / © Bill Perry (shutterstock)
Klagemauer in Jerusalem (Archiv) / © Bill Perry ( shutterstock )

Mit einem bewegenden Zeremoniell an der Jerusalemer Klagemauer und dem Priestersegen "Birkat Kohanim" haben Tausende Juden am Donnerstag einen geistlichen Höhepunkt des Pessachfests gefeiert.

Bei dem Morgengebet beteten die Rabbiner für die Rückkehr der Geiseln aus den Händen der Terrororganisation Hamas, für das Wohlergehen der israelischen Soldaten und Sicherheitskräfte, für die Heilung der Verwundeten und für Frieden für das Volk Israel.

Anschließend spendeten Hunderte Kohanim (Priester) nach altem Ritual den Segen.

Jüdisches Tempelritual mischt sich mit israelischer Zeitgeschichte

Zur Sicherung der Zeremonie und der Teilnehmenden setzte die Polizei nach eigenen Angaben 3.000 Beamte und Grenzpolizisten im Bereich der Jerusalemer Altstadt ein; zudem waren wichtige Routen und auch Hauptverkehrsadern für den Autoverkehr gesperrt.

Geleitet wurde die zweistündige Zeremonie bei Temperaturen von über 30 Grad von den beiden Oberrabbinern Israels, David Lau und Jitzchak Josef, sowie dem für die Klagemauer zuständigen Schmuel Rabinovitch.

Klagemauer / © Sonja Geus (DR)
Klagemauer / © Sonja Geus ( DR )

Sie waren umgeben von einigen Angehörigen der am 7. Oktober verschleppten Geiseln. Immer wieder hielten auch die Rabbiner während der Gebete und Gesänge Fotos von Vermissten und von der radikalislamischen Hamas Getöteten hoch.

Bei dem Gebetstreffen zum Pessachfest, das an den Auszug der Juden aus ägyptischer Knechtschaft erinnert, mischten sich altes jüdisches Tempelritual mit israelischer Zeitgeschichte. Mit ausgebreiteten Händen und verhülltem Gesicht spendeten Hunderte Priester den Aaronitischen Segen - in Erinnerung an das Ritual des vor 2.000 Jahren zerstörten jüdischen Tempels. Diesen Segen hatte Gott nach der Bibel (Numeri 6,24-26) dem Moses für Aaron und die Priesterschaft aufgetragen. "Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden."

Wort für Wort sang der Kantor den Segenstext, den die versammelten Priester wiederholten, und den die gläubigen Juden auf dem großen Vorplatz mitbeteten. Seit 1970 wird der Priestersegen zweimal im Jahr während der jüdischen Hochfeste Pessah und Sukkot (Laubhüttenfest) feierlich an der Klagemauer gebetet. Gespendet wird er von den Nachfahren der alten Priesterklassen, der Kohanim und der Leviten.

Der Aaronitische Segen wurde von Luther in den evangelischen Gottesdienst übernommen. Und mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) wurde er auch Bestandteil der katholischen Liturgie.

Viele Juden sind zu Pessach nach Jerusalem gekommen

Trotz der infolge des Gazakriegs angespannten Lage sind viele Juden zu den Pessachfeiern nach Jerusalem gekommen, aus ganz Israel und auch aus dem Ausland, soweit die jüngsten Einschränkungen im Reiseverkehr das zulassen. Schon in den vergangenen Tagen zogen viele jüdische Familien durch die Altstadt zur Klagemauer, mit starkem Polizeiaufgebot.

Menschen in Jerusalem an Pessach / © Johannes Schidelko (KNA)
Menschen in Jerusalem an Pessach / © Johannes Schidelko ( KNA )

Die Polizisten hatten mitunter jedoch Mühe, die Ordnung aufrechtzuerhalten, wenn orthodoxe jüdische Gruppen den muslimischen Tempelberg über Zugänge zu betreten versuchten, die nur für Muslime zum Gebet geöffnet sind. - Und während der Pessach-Tage nutzten wieder - nach der Sperre im muslimischen Fastenmonat Ramadan - zahlreiche jüdische Gruppen die Möglichkeit, den Tempelberg zu offiziellen und vom Militär begleiteten Besuchen aufzusuchen.

Aber auch jetzt waren die Sicherheitskräfte besonders wachsam, dass die jüdischen Besuchergruppen zusammenblieben und auf abgelegenen Routen das innere Tempelareal umrundeten. Denn wiederholt war es bei solchen Touren zu Zusammenstößen mit Muslimen gekommen. Im aufgeladenen Klima von religiösen Feiertagen hatte dies immer wieder zu Eskalationen geführt; gerade vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs wäre dies ein fatales Szenario.

Pessach

Das jüdische Fest Pessach erinnert an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten und an die Befreiung aus der Sklaverei. Im Gedenken an den Zug durch die Wüste wird während des achttägigen Festes ungesäuertes Brot gegessen. Zu Pessach soll alles auf Getreide basierende Gesäuerte weder gegessen werden noch im Haus sein.

Pessach in einer Familie  / © Harald Oppitz/KNA  (KNA)
Pessach in einer Familie / © Harald Oppitz/KNA ( KNA )
Quelle:
KNA