Aktuell gingen steigende Personalkosten, massiv gestiegene Energiepreise, Inflation und die teuren Infektionsschutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie mehr und mehr Betreibern von Pflegeheimen und -diensten an die wirtschaftliche Substanz, sagte der Geschäftsführer des Verbands katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD), Andreas Wedeking, in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.
Probleme bei Kosten und Personal
Die Heime könnten gestiegene Personal- und Sachkosten nicht einfach durch Preiserhöhungen auffangen, sondern müssten mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern die Pflegesätze aushandeln, sagte Wedeking. "Die Sätze steigen mit erheblicher Verzögerung und laufen dem realen Kostenanstieg hinterher." Die Politik habe zwar zeitweilig mit dem "Corona-Rettungsschirm" ausgeholfen, doch der sei ausgelaufen. Der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegte Entwurf für eine Pflegereform schaffe da wenig Abhilfe.
Der Caritas-Experte bestätigte, dass Heimbetreiber sogar Betten leer stehen ließen, obwohl eine große Nachfrage danach bestehe. Entweder ordne die Heimaufsicht einen Belegungsstop an, wenn Personal fehle. "Oder das Heim passt selbstständig die Belegung der Zimmer dem vorhandenen Personal an. Das ist allemal günstiger, als Personallücken durch Zeit- und Leiharbeit auszugleichen."
Der VKAD vertritt innerhalb des Deutschen Caritasverbandes bundesweit 550 Träger katholischer Altenhilfe mit knapp 1.200 Einrichtungen und Diensten, darunter rund 920 stationäre Pflegeeinrichtungen sowie 166 ambulante Dienste und Sozialstationen. Wedeking sagte, bislang seien ihm Berichte über Insolvenzen innerhalb des Verbandes nicht bekannt. "Aber es gibt Gefahrenanzeigen von manchen Betreibern."
Wedeking kritisiert Überregulierung der Pflege
Wedeking kritisierte eine massive Überregulierung im Bereich der Pflege. "Alles wird bis in die kleinsten Verästelungen kontrolliert - das wird immer schlimmer. Es braucht viel mehr Flexibilität." So benötige Deutschland wegen der alternden Gesellschaft deutlich mehr stationäre Pflegeeinrichtungen. "Aber wer Heime neu errichten oder modernisieren will, ist mit enorm anspruchsvollen und immer wieder verschärften Bauvorschriften und schwierigen Investitionsbedingungen konfrontiert." Das alles gelte auch für alternative Wohnformen.
Als ein Beispiel für Überregulierung nannte Wedeking die Fachkraftquote. "Es ist richtig, wenn den stationären Einrichtungen eine gesetzliche Fachkraftquote von 50 Prozent vorgegeben wird", betonte er. "Aber dieses Fachpersonal brauche ich nicht rund um die Uhr, sondern nur zu bestimmten Zeiten in der Woche oder am Tag." Die Heimaufsicht aber verlange diese Quote tagesgenau. "Wird sie auch nur knapp verfehlt, weil sich etwa eine Fachkraftstelle gerade nicht besetzen lässt, fallen Pflegeplätze aus dem Angebot - was dann die wirtschaftliche Not der Heime verschärft."