Vizepräsident zieht positives Fazit des Synodalen Wegs

"Die deutsche Lösung war viel intelligenter"

Den Abschluss des Synodalen Wegs sieht auch Vizepräsident Thomas Söding als historischen Moment und Zäsur. Bei Themen wie dem Segen für gleichgeschlechtliche Paare hofft er auf Verständnis des Vatikans. Insgesamt ist er zufrieden.

Blick in den Sitzungssaal bei der fünften Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Blick in den Sitzungssaal bei der fünften Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Entscheidungen von Geistlichen und Laien haben es durchaus in sich. Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare oder die Forderung nach einem Diakonat der Frau sind nur zwei davon. Hat sich diese Arbeit gelohnt?

Prof. Dr. Thomas Söding (Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und des Synodalen Wegs): Natürlich hat sich die Arbeit gelohnt. Vor allen Dingen möchte ich aber sagen: Sie war absolut erforderlich und sie ist noch nicht am Ende. Die Probleme liegen auf dem Tisch. Jetzt geht es an die Fortsetzung und an die Umsetzung.

Thomas Söding / © Max von Lachner (SW)
Thomas Söding / © Max von Lachner ( SW )

DOMRADIO.DE: Das heißt, wenn von historischen Momenten die Rede ist, würden Sie das erst mal so unterschreiben?

Söding: Es ist eine Zäsur. Die katholische Kirche hat anerkannt, dass sie ein systemisches Problem mit dem Missbrauch hat. Und sie war in der Lage, dafür die richtigen Formen zu finden. Sie hat starke Signale gesetzt. Das ist historisch. Sie hat bei weitem nicht alles gesagt und bearbeitet, was jetzt tatsächlich auf der Agenda steht. Aber die Richtung stimmt.

DOMRADIO.DE: Die meisten Schlagzeilen macht der Segen für homosexuelle Paare, den die Synodalversammlung am Freitag beschlossen hat. Haben Sie Angst davor, dass Ihnen der Vatikan da noch einen Strich durch die Rechnung machen wird?

Söding: Es wäre ein schwerer Fehler, wenn eine solche wichtige Entwicklung durch Verbote aufgeschoben werden würde. Vor Ort ist die pastorale Praxis sehr viel weiter. Sie ist deswegen weiter, weil es sehr gute theologische Gründe gibt. Und sie ist vor allen Dingen weiter, weil es diese Menschen gibt, die um den Segen bitten, und zwar nicht irgendwo in der Grauzone, sondern im Hellfeld des Glaubens. Ich kann nur hoffen, dass dies im Vatikan verstanden wird. Wenn es nicht verstanden wird, haben wir den nächsten Schritt des Verlustes der Autorität Roms.

DOMRADIO.DE: Es gab ja durchaus auch Kritik, auch von Seiten der Laien. Unter anderem wurde ein Papier zur Entscheidungsgewalt der Bischöfe auf eine dritte Lesung vertagt. Da ist noch nicht mal hundertprozentig klar, ob es die überhaupt geben wird. Was erwarten Sie da?

Synodaler Ausschuss

Der Synodale Ausschuss ist ein Ergebnis des Synodalen Wegs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll die Einrichtung eines Synodalen Rates vorbereiten. In diesem neuen Gremium wollen Bischöfe und katholische Laien ihre Beratungen über mögliche Reformen in der Kirche fortsetzen, die sie bei dem 2019 gestarteten Synodalen Weg begonnen haben.

Symbolbild Abstimmung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Abstimmung / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Söding: Das ist eine wichtige Aufgabe für den synodalen Ausschuss, der ja schon beschlossen ist. Auf den ist dieser wichtige Text verwiesen worden. Es geht dabei um die Frage, wie weit man unter den Bedingungen des katholischen Kirchenrechts und mit Bischöfen, die es tatsächlich wollen, gemeinsam beraten und Entscheidungen nachhaltig organisieren kann.

Das ist eine Aufgabe, die in sehr, sehr vielen Bistümern schon längst begonnen hat. Und es ging jetzt um die Frage: Wie klar, wie partizipativ will man an dieser Stelle jetzt schon sein? Es hat sich herausgestellt, dass es da noch zu viele Unklarheiten und Spannungen gegeben hat, zu viele Vorbehalte auch auf der bischöflichen Seite. Auf der Synodalversammlung sollte nicht auf Biegen und Brechen etwas durchgesetzt werden, sondern man setzt im Grunde auf die Vernunft in den Gemeinden. Dann wird sehr seriös in Ruhe dieses Projekt weiter bearbeitet, und zwar so, dass auch deutlich wird: Die Autorität des Bischofs wird durch Partizipation nicht geschwächt, sondern gestärkt.

DOMRADIO.DE: Zum Thema Frauenweihe, da war ja eigentlich noch mehr angedacht, nämlich eine Forderung nach der vollständigen Öffnung, nicht nur nach dem Diakonat. Sind Sie da enttäuscht? Manche sprechen ja sogar von einer Erpressung der Bischöfe, die einen weitergehenden Antrag nicht mitgetragen hätten.

Söding: Der Synodalen Weg war an dieser Stelle immer sehr ambitioniert und immer gleichzeitig sehr realistisch. Die Frage der Öffnung des Diakonates, und zwar des sakramentalen Diakonates für Frauen, ist unter den Bedingungen katholischer Dogmatik und katholischen Kirchenrechts einfach auf einer anderen Ebene anzusiedeln als die Öffnung für das Priestertum. Das hängt beim letzten an der Entscheidung von Johannes Paul II., und deswegen war von Anfang an klar: In diesem offenen Feld des Diakonates gibt es die Möglichkeit eines Votums der katholischen Kirche in Deutschland für die Öffnung für die Frauen. Das ist jetzt noch einmal unterstrichen worden.

Und das Ja zum Diakonat ist nicht durch ein Nein zum Priestertum der Frauen erkauft worden, sondern da hat man noch mal an das erinnert, was schon mit Zweidrittelmehrheit auch der Bischöfe beschlossen worden ist: Wir müssen über dieses Thema weiter nachdenken. Wir sind nicht am Ende der Debatte, sondern wir müssen sehen, dass es da eine Tür gibt, die man öffnen kann und durch die man dann auch gehen kann.

Prof. Dr. Thomas Söding (Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und des Synodalen Wegs)

"Das Ja zum Diakonat ist nicht durch ein Nein zum Priestertum der Frauen erkauft worden."

DOMRADIO.DE: Wenn Sie jetzt auf über drei Jahre Synodalen Weg zurückschauen, was würden Sie anders machen?

Söding: Ich würde fragen, ob die Autorität von Bischöfen noch etwas intelligenter als durch eine Zweidrittelmehrheit organisiert werden kann. Ich würde fragen, wie wir das Miteinander über diese Debatten hinaus auch noch mal auf andere Formate stellen können. Das war nicht ganz einfach und hat auch ein bisschen mit Corona zu tun, weil wir doch zwischendurch in einer ganz wichtigen Phase des Beginnens unter sehr erschwerten Bedingungen gestartet sind.

Allerdings muss ich am Ende sagen: Die Grundentscheidung hat sich gelohnt. Es war richtig, ein neues Format zu entwickeln und kein vorgefertigtes Format des Kirchenrechts zu nutzen, das für die Problematik nicht passend gewesen wäre. Das Kirchenrecht muss hier weiterentwickelt werden. Diese deutsche Lösung war viel intelligenter. Sie ist kirchenrechtlich schwächer, sie ist theologisch, wie sich jetzt gezeigt hat, sehr viel stärker gewesen. Und das ist aus meiner Sicht der wichtigste Impuls, der jetzt auch auf die katholische Weltkirche ausgegeben wird und hoffentlich auch aufgenommen wird.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR